Existierte der Riese Goliat tatsächlich?

Einige interessante archäologische Funde lassen die Annahme legitim erscheinen

Abb. 1 Der Riese Goliat verlacht seinen jungen Konrahenten David, der sich bereit macht, ihn mit seiner Schleuder anzugreifen. (Lithographie von Osmar Schindler, ca. 1888)

(red) Durch die im Alten Testament beschriebene Geschichte des Kampfes zwischen dem Hirtenjungen David und dem riesigen Philister-Krieger Goliat ist Letzterer zur wohl berühmtesten Riesengestalt der Weltgeschichte geworden. Dabei drängt sich natürlich die Frage nach der Historizität dieses riesenhaften Recken auf, der offenbar die Gefährlichkeit einer Steinschleuder als Kriegswaffe so leichtsinnig unterschätzte. Noch in jüngerer Vergangenheit hätte wohl kaum jemand außerhalb des Kreises bibeltreuer Gläubiger ernsthaft in Erwägung gezogen, Goliat könne tatsächlich existiert haben, und die Annahme der vormaligen Existenz orientalischer Riesen dürfte zumindest in universitären Forscherkreisen nach wie vor auf wenig Akzeptanz stoßen.

Zumindest was Goliat als geschichtliche Person betrifft, scheint in den letzten Jahren etwas Bewegung in die althergebrachte Sichtweise gekommen sein, was nicht zuletzt auf Forschungen von Wissenschaftlern der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität München zurückzuführen ist. Über ihre Arbeit schrieb Luc Bürgin 2009 in seinem Lexikon der verbotenen Archäologie: "Zusammen mit ausländischen Kollegen hatten sie im Sommer 2005 auf dem Tell-es-Safi-Hügel zwischen Jerusalem und Gaza gegraben. Dort, wo sich einst die Philisterstadt Gat befand. Besonderes Augenmerk richteten die Forscher dabei auf eine unschenbare kleine Tonscherbe aus der Zeit des 9. oder 10. Jahrhunderts vor Christus. Darin eingeritzte Buchstaben, die der Forscher Stefan Jakob Wimmer als frühe, kanaanitische Alphabetschrift deutet.

Abb. 2 Einige der Ruinen von Gat auf dem Tell es-Safi. Insgesamt war die Stadt ca. 50 Hektar groß.

Als einer der Ersten seit 3000 Jahren hielt der das Fragment in Händen und befasst sich seither mit dessen Entzifferung. In kanaanäischer Sprache gelesen, ergeben die Worte jedoch keinen Sinn. Vielmehr scheinen sie zu einer anderen Sprache zu gehören - der Ursprungssprache der Philister, die diese aus ihrer früheren Heimat mitbrachen. >Ich dachte unmittelbar an den Philisternamen Goliat, doch schien mir der Gedanke allzu verwegen<, berichtet Wimmer. >Niemand in der Fachwelt, so meinte ich, würde uns glauben, dass wir sozusagen Goliat gefunden hätten. Die Stadt Gat (Abb. 2) , in der wir gruben, wird in der Bibel ja als Heimat des legendären Riesen genannt, und ausgerechnet dort auf einen entsprechenden historischen Beleg zu stoßen, muss nüchternen Wissenschaftlern als zu schön, um wahr zu sein, erscheinen.< Dennoch sind sich die involvierten Forscher inzwischen einig, dass auf der Scherbe tatsächlich Namen szehen, die als Frühform von >Goliat< angesehen werden müssen." [1]

Dabei war es Dr. Wimmer natürlich durchaus klar, dass dieses höchst interessante Fundstück, für sich genommen, nicht als Beweis für Goliats historische Existenz zu betrachten ist. Bürgin zitiert ihn dazu folgendermaßen: "Darüber, ob seinerzeit wirklich ein schwerbewaffneter Riese von einem cleveren Jugendlichen, der später König über Israel werden wollte, im Terebinthental bei Gat mit einer Steinschleuder zur Strecke gebracht wurde, sagt die Inschrift in keinem Fall etwas aus." [2]

Zumindest gibt es aber stützende Evidenzen, was die Präsenz veritabler Riesen im altertümlichen Kanaan, der Heimat Goliats, betrifft - und diese Spuren reichen zurück bis in die frühe Bronzezeit. Zwar dürften die Knochen dieser protohistorischen levantinischen 'Menschen mit Übergröße' längst zu Staub zufallen sein, aber einige ihrer Waffen und Gerätschaften wurden offenbar bereits wiederentdeckt. So machten Archäologen bereits im Jahr 1962 bei der heutigen Ortschaft Kfar Monash einen Depotfund, zu dem auch kleine, aber massive Kupferplatten (vermutlich für erstaunlich große Schuppenpanzer) sowie - neben Exemplaren normaler Größe - auch riesenhafte Speerspitzen aus Kupfer entdeckt wurden. Das größte dieser Spezimen war immerhin 66 Zentimeter lang, was der im Alten Testament beschriebenen, 15 Pfund schweren Spitze von Goliats Speer verdächtig nahe kommt. Vergleichbare Funde aus späterer Zeit sollen bei Megiddo gemacht worden sein. [3]

Somit können wir abschließend feststellen: Die Historizität Goliats muss weiterhin als unbewiesen gelten, doch es ist durchaus ernst zu nehmen, was im im 6. Kapitel des alttestamentarischen Buches Bereschit (1. Buch Mose) über die ferne Vergangenheit geschrieben steht: "Es waren aber in den tägen risen auf erden..."


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: Luc Bürgin, "Lexikon der verbotenen Archäologie: mysteriöse Relikte von A bis Z", Kopp, 2009; hier zitiert nach der Lizenzausgabe bei Weltbild, 2015, S. 89-90
  2. Quelle: ebd., S. 90
  3. Siehe: Micah Ewers, "Die riesenhaften Kupfer-Speerspitzen Kanaans (2600 v.Chr.)"

Bild-Quellen:

1) AndreasPraefcke und Notnarayan bei Wikimedia Commons, unter: File:Osmar Schindler David und Goliath.jpg
2) Ori~ (Urheber) bei Wikimedia Commons, unter: File:Cafit030.jpg