Iere - Überlieferungen aus Grenada
(bb) Nicht nur auf Trinidad finden sich Mythen von einer alten Landverbindung zum amerikanischen Kontinent und die befremdliche Sage von den 'Lebenden Toten': "Ein alter Schwarzer aus dem Oberland Grenadas, Westindien, wusste auch einiges zu der altertümlichen Gold-Straße zu berichten, die sich über Land von Südamerika bis zum Land Iere erstreckte. Er gibt eine Legende über die Vertreibung der Schlangen von Proto-Antillia wieder, die derjenigen von St. Patrick und den Schlangen des alten Irland seltsam ähnlich ist. Der alte Mann sagte: >Es gibt auf den Westindischen Inseln nur wenige Schlangen, weil ein großer König sie einst verwünschte, nachdem eine ihn gebissen hatte. Und all die Schlangen zogen nach Süden, die Goldene Straße hinunter, zu den Alten Stätten.<
Gefragt, was er mit >Alten Stätten< meine, antwortete er: >Weiß nicht. Aber vor Tausenden von Jahren konntest Du die Goldstraße von hier bis nach Südamerika hinunter wandern. Viele clevere Leute lebten in jenen Tagen in Südamerika.< Er behauptet auch, dass in >jenen alten Zeiten ... Leute, deren Verwandte ihre Totenfeiern [orig.: "obsequies"] vernachlässigten,< - er benutzte tatsächlich dieses Wort! - >die schwere Arbeit auf den Feldern erledigten; weil sie keine Nahrung brauchten und die ganze Zeit arbeiteten ... und natürlich verlangten sie auch kein Geld!<" [1]
So skurril diese Legende von den "toten Arbeitssklaven" auf Europäer auch wirken mag; für den alten Karibier waren sie, wie wir bei Wilkins erfahren, offenbar eine ganz normale Angelegenheit: "Aber glaubte der alte Mann denn wirklich, dass man tote Menschen arbeiten ließ? >Ich [bin ein] alter Mann. Ich hab `ne Menge mächtig seltsamer Dinge geschehen sehen. Was mein´ste wohl, was in den alten Zeiten los war? Nun, da gab es das alles. Ich glaub´ das, weil alle auf diesen Inseln über die Jahre hinweg das selbe erzählt haben. Seit ich ein kleiner Junge war, hab´ ich immer die selben Geschichten gehört, und was ich meine ist, dass das, was alle erzählen, irgendwie wahr sein muss. Diese toten Männer haben eine lange Zeit ständig gearbeitet [...]
Alle sagen, dass man sie ZOMBIES (Abb. 10) genannt hat. Und der Boss hat immer nur dem Aufseher ein wenig Geld gezahlt. Das war alles, denn sie wurden niemals müde und brauchten nichts zu essen ... Und gute Menschen wie ich mussten in jenen Tagen keine harte Arbeit verrichten ... Hier scheint es aber keine Zombies mehr zu geben<, und er wiederholt noch einmal bedauernd, >gute Leute wie ich mussten in jenen Tagen keine harte Arbeit verrichten<." [2]
Dann sprach der alte Mann von der Goldstraße, welche die Zombies, wie er meinte, hinabzogen, um >in Bergwerken zu arbeiten<, wenn sie [auf den Feldern] nicht mehr benötigt wurden. Jedenfalls meinte er, wenn wir dies beiseite lassen, dass die Goldstraße zu einer sehr weit zurückliegenden Zeit gehörte, als Gold aus dem Süden hinauf kam, und als Trinidad und alle anderen Orte Westindiens >ein einziges großes Land waren<. Sein alter Großvater hatte [...] gesagt, dass Grenada nicht zu dem >Großen Land< gehörte, sondern post-kataklysmischen Ursprungs war. Oder, um es mit den Worten des alten Schwarzen zu sagen: >Er sagt [...], dass es, als alles barst, wie bei einem Vulkan [-Ausbruch ablief], nur dass es wie viele Vulkane auf einmal war, und dann wurde das Große Land vom Wasser bedeckt und Grenada stieg aus der See auf, um den Menschen zu helfen, sich vor den Wassern zu retten. So war das auch mit den Karibiern. daher stammen sie.<
Weiter befragt, erklärte der alte Schwarze: Ich weiß nicht, ob eine neue Rasse über das Meer kam, oder ob es die Altvorderen waren, die vor dem Ertrinken in den Wassern gerettet wurden. Doch ich denke, dass die Karibier das Volk des Großen Landes waren. Niemand weiß genau, wie das alles passiert ist, doch es ist SEHR lange her. Darüber gibt es auf Trinidad viele Geschichten.< Über das Land im Osten, wo die Sonne aufging - dies war vermutlich Iere/Atlantis - sagte der alte Mann: >Auch das ist die Wahrheit. Viel Land, viele Menschen, und alle waren sie Lehrer und weise Männer, wie mir viele Leute des öfteren erklärt haben.<" [3]
Außerdem hielt der alte Mann von Trinidad fest: "Ein sehr guter Mann rettete meine Vorfahren. Ein sehr weiser Mann war er, mit Namen Parr. Seine Mutter war nie als Weib bei einem Mann gewesen. Sie war die einzige Jungfrau über dem heiratsfähigen Alter, von der ich je auf den Westindischen Inseln gehört habe [sic!; bb]. Und ihr Sohn kam ohne das Zutun eines Mannes zur Welt. Genau wie Jesus Christus. Das könnte stimmen. Der himmlische Vater sagt, man soll Vertrauen haben und keine dummen Fragen stellen. Ich bin ein guter Mann und habe viel Vertrauen. Der himmlische Vater kann sehr zufrieden mit mir sein. Meine Vorfahren kamen aus dem Großen Land, fern im Osten, wo es viel regnet und die Menschen immer feiern und religiöse Festivitäten begehen." [4]
Auch, wenn Wilkins dazu betont, dass diese Version der "unbefleckten Empfängnis" eines Gott-Menschen durch eine "heilige Jungfrau" weitaus älter als die christliche Religion sei, ist die Frage legitim, ob hier nicht doch eine Vermischung aboriginaler Mythen mit später eingeflossenem christlichem Gedankengut erfolgt sein könnte. Unzweifelhaft erscheint jedenfalls auch hier eine Verwandtschaft des erwähnten Legende von Parr mit dem amerikanischen Viracotcha-Mythos um legendäre Kultur-Heroen, die sich der Menschen des nach-sintflutlichen Zeitalters annahmen. Ist in diesem Fall eine Amalgamierung unterschiedlicher alter Mythen von aboriginalen Westindiern und Europäern anzunehmen, oder ist der Mythos vom bärtigen Retter und Heils-Bringer womöglich Teil eines originären, gemeinsamen Erbes 'roter' und 'schwarzer' Karibier?
Fortsetzung:
Anmerkungen und Quellen
Fußnoten:
- ↑ Quelle: Harold T. Wilkins, "Secret Cities of old South America", aus der ATLANTIS REPRINT SERIES bei ADVENTURES UNLIMITED PRESS, Kempton, Illinois (USA), July 1998 [Erstveröffentl. 1952], S. 66
- ↑ Quelle: ebd.
- ↑ Quelle: ebd., S. 66. 67
- ↑ Quelle: ebd., S. 67
Bild-Quellen: