Das flüssige Wasser auf dem Mars blieb länger als gedacht

Abb. 1 Blick auf die Landestelle des chinesischen Marsrovers Zhurong. Er hat dort hydratisierte Minerale aufgespürt, die auf spätes Vorhandensein von flüssigem Wasser hindeuten.


(rmh) Auf dem Mars könnte es länger flüssiges Wasser gegeben haben, als bisher angenommen wurde. Für diese Annahme sprechen Indizien, die der chinesische Mars-Rover Zhurong entdeckt hat, als er Gesteinsanalysen in der Marsebene Utopia Planitia durchführte. Dort konnte er Mineralkrusten aus hydrasierten Silikaten und Sulaten identifizieren, die nur durch aufsteigendes salzartiges Grundwasser entstanden sein können, was bedeutet, dass es innerhalb der letzten 1,8 Milliarden Jahren an dieser Stelle doch flüssiges Wasser im Marsuntergrund gab.

Allgemein besteht Einigkeit darüber, dass der Mars in seiner Frühzeit lebensfreundlicher war als heute und er Seen, Flüsse und möglicherweise sogar einen Ozean besaß. Darüber, wie viel Wasser es auf diesem Planeten aber tatsächlich gab und wie lange es erhalten bleibt, herrscht Uneinigkeit. Meist wird ein Klimawandel vor ungefähr 3,5 Millionen Jahren vorausgesetzt und nach diesem soll es auf der Marsoberfläche keine dauerhaften Vorkommen flüssigen Wassers mehr gegeben haben. Vor ungefähr 1,8 Milliarden Jahren begann auf dem Mars die Amazonische Periode und mit ihrem Beginn sollten dann auch temporäre Wasserquelle endgültig versiegt sein, so wird allgemein angenommen.

Allerdings existieren auch Hypothesen, denen zufolge selbst in der kalten und trockenen Marsneuzeit zumindest ab und zu Wasser aus hydrothermalen Quellen oder anderen angewärmten Grundwasservorkommen an die Oberfläche durchgedrungen sein könnten. Indizien dafür sind Flussbetten, die die jüngere Gesteinsschichten durchschneiden.

Zwei unterschiedliche Gesteinstypen an der Landestelle des Rovers

Der chinesische Marsrover Zhurong könnte nun weitere Indizien für derartiges "spätes" Wasser gefunden haben. Dieser Marsrover wurde im Mai 2021 von der Tianwen-1-Marsmission im Süden der Ebene Utopia Planitia - sie stellt die größte Einschlagssenke des Roten Planeten dar - gefunden haben. Der Rover hat in 92 Marstagen Morphologie, Mineralogie, Oberflächenstruktur sowie Eisverteilung rings um seine Landestelle untersucht. Dabei verwendete er sechs wissenschaftliche Instrumente und die Daten wurden von Yang Liu vom Nationalen Weltraumforschungsprogramm in Peking und seinen Kollegen ausgewertet.

Abb. 2 Landestelle des Rovers Zhurong im Süden der Tiefebene Utopia Planitia

Es ergab sich, dass es an der Landestelle des Rovers zwei unterschiedliche Gesteinsteinstypen gibt:

  1. Dunkle basaltische Brocken, die wahrscheinlich aus älteres und tieferen Schichten stammen und
  2. Hell gefärbte und oft schuppige und abgeblätterte Gesteine, die den Analysen zufolge aus der Amazonischen Periode stammt und demzufolge jünger als 1,8 Milliarden Jahre sind.

Dazu muss gesagt werden, dass auch dunklere Brocken manchmal eines hellen Überzug tragen.

Salzhaltige Mineralkrusten

Entscheidend ist, das spektroskopischen Analysen des hellen Gesteins ergaben, dass es hydratisierte Minerale enthält, d. h. Minerale, in deren Strukturen gebunden sind und - zumindest auf der Erde - im Normalfall in Gegenwart flüssigen Wassers entstehen- Liu et al. kommen zu dem Schluss, dass die spektralen Signaturen des Marsgesteins jenen hydratisierten Silikaten sowie Gips entsprechen.

Sich die teilweise um dunkle Kerne herum gebildeten hellen Schichten betrachtend, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass es sich um eine Art sogenannter Durikrusten handelt, d. s. harte Krusten, die durch die Fällung von Mineralen aus dem Porenwasser von Gestein entstehen. Was nun die marsianischen Krusten angeht, nehmen die Forscher an, dass sie sich bildeten, als in Phasen höherer Grundwasserstände im Untergrund salzhaltige Sole aufstieg. Dort, wo Verdunstung von der nahen Oberfläche deren Salzgehalten dieses Porenwassern noch weiter erhöhte, entstanden dann diese salzreichen Mineralkrusten.

Klimatische Warmphasen oder Vulkane als Verursacher?

Die marsianischen Mineralkrusten legen nahe - davon gehen die beteiligten Forscher jedenfalls aus - dass es in der Amazonischen Periode noch immer oberflächennahes Grundwasser gab, das - zumindest zeitweilig - hoch genug stieg, um den Regolith zu durchnässen und eben zur Bildung der Durikkrusten führen. Lui et a. dazu: "Diese Beobachtungen legen nahe, dass wässrige Aktivitäten auf dem Mars weit länger anhielten als bisher gedacht".

Abb. 3 Mögliches Szenario für die Bildung der hydratisierten Gesteinskrusten auf dem Mars

Was sind nun die Ursachen für dieses späte Vorkommen flüssigen Wassers? Die Forscher sprechen von zwei potentiellen Möglichkeiten:

  1. Eine Erwärmung durch vulkanische Aktivität
  2. Vorübergehende Warmphasen des Klimas durch das Pendeln der Marsachse

Letztere hat im Verlauf der marsianischen Geschichte wiederholt ihre Ausrichtung um über ein Dutzend Grad geändert und somit auch die örtliche Sonneneinstrahlung beeinflusst. So könnten in einer dieser Warmzeiten in der südlich Utopia Planitia als auch in anderen Gebieten - zumindest zeitweilig - Temperaturen geherrscht haben, bei denen salzhaltiges Grundwasser flüssig bleibt.

Bedeutung für künftige Mars-Astronauten

Für künftige bemannte Marsmissionen könnten die neuen Erkenntnisse eine potentielle Bedeutung haben. So sagt das Forschungsteam: "Die Landestelle von Zhurong und andere Gebiete der nördlichen Ebenen könnten erhebliche Mengen an nutzbarem Wasser in Form von hydratisierten Mineralen und unter der Oberfläche liegendem Eis aufweisen, die bei der künftigen Marserkundung als Vor-Ort-Ressource dienen könnten".

Quellen

Nadja Podberger: Mars: Flüssiges Wasser blieb länger als gedacht. Online auf: https://www.scinexx.de/news/kosmos/mars-fluessiges-wasser-blieb-laenger-als-gedacht/

American Association for the Advancement of Science (AAAS) - Science Advances, 2022; doi: 10.1126/sciadv.abn8555

Bildquellen

Abb. 1: China National Space Administration (CNSA)

Abb. 2: NASA/JPL

Abb. 3: Liu et al./ Science Advances, CC-by-nc 4.0