Göbekli Tepe, Eden und die Heimat der 'Wächter'

Ein Interview mit Andrew Collins

Das folgende Interview mit Andrew Collins, einem der weltweit führenden Alternativ-Historiker und Atlantologen der Gegenwart, wurde von Adriano Forgione geführt, dem Herausgeber des HERA-Magazine. Im Zentrum des Interviews steht die mysteriöse Megalith-Anlage von Göbekli Tepe im Südosten der Türkei, die altesten derzeit konsensual anerkannte Großstein-Anlage der Welt. Diese mysteriöse Struktur stammt mit ihrem Alter von 11 500 bis 11 000 Jahren - einer Datierung, die frappierend mit Platons Angaben zum Untergang von Atlantis übereinstimmt - aus dem finalen Paläolithikum, jener Ära der Katastrophen, als die jüngste Eiszeit ein abruptes Ende fand.

Abb. 1: Die Megalith-Anlage von Göbekli Tepe, die vor mehr als 10 000 Jahren plötzlich vom Volk ihrer Erbauer vergraben und verlassen wurde, stellt einen Schlüsselfund zum Verständnis der 'Neolithischen Revolution' dar.
(Foto: © Andrew Collins)

Kein Wunder, dass Alternativ-Historiker und Atlantologen sich besonders für diese bedeutsame Fundstätte interessieren (vergl. z.B. Göbekli Tepe - Heiligtum der Superlative von Luc Bürgin), die viele bisherige Vorstellungen zur Vor- und Frühgeschichte über den Haufen wirft. Das gilt auch für Andrew Collins, der Kuba als Überrest des historischen Vorbilds für Platons versunkenes Inselreich betrachtet. Collins sucht in Anatolien und Umgebung freilich nicht nach Überresten der Atlanter-Kultur, und er betrachtet den vermutlichen Tempel-Komplex auch nicht vor dem Hintergrund möglicher Spuren atlantischer Kolonisten im Nahen Osten (vergl. dazu: Ein atlantischer 'Außenposten' im Nahen Osten von R. Cedric Leonard).

Sein Interesse konzentriert sich hier und in seinem Buch (THE CYGNUS MYSTERY) vielmehr auf mögliche Zusammenhänge zwischen den spät- und nacheiszeitlichen kleinasiatischen bzw. ober-mesopotamischen Kulturen und den Überlieferungen des Alten Testaments sowie der Apokryphen. Waren die Priester-Herrscher von Göbekl Tepe und späterer Siedlungs-Stätten dieser Region die Vorbilder für die 'Cherubim' und andere Engels-Gestalten? Lag der 'Garten Eden' im Oberen Mesopotamien und befand sich dort die Wiege aller postglazialen Zivilisationen?

Team Atlantisforschung.de (August 2006)


HERA-Magazine: Können Sie die wesentlichen architektonischen Charakteristika von Göbekli Tepe beschreiben?

A. Collins: Es besteht aus einer Reihe von drei, hauptsächlich unter der Erdoberfläche befindlichen, geradlinigen Strukturen, wird durch "dry-stone"-Mauern begrenzt, und enthält viele verzierte T-förmige Pfeiler. Diese Steine dienten in erster Linie als Dach-Träger, auch wenn eine symbolische Bedeutung nicht auszuschließen ist. In einem der 'Kult-Gebäude', wie man diese Strukturen nennt, befindet sich ein Ring frei stehender Pfeiler, deren Schmalseiten von einem [gemeinsamen] Mittelpunkt aus nach außen gerichtet sind, wie die Speichen eines Rades.

HERA-Magazine: Wie ist es möglich, dass eine Gesellschaft von Jägern und Sammlern sich unvermittelt so verändert, dass sie in der Lage kommt, solch eine herrliche Megalith-Anlage zu errichten, die mit nichts auf der Welt zu vergleichen ist?

A. Collins: Ich nehme stark an, dass diese Veränderung von einer äußerst mächtigen und gerissenen, schamanisch- oder priesterschafts-basierten, herrschenden Elite bewerkstelligt wurde, die wusste, wie man die ortsansässige Bevölkerung leicht manipulieren und motivieren konnte. Es muss eine beträchtliche Arbeitskraft von mehreren hundert Menschen erfordert haben, Stätten wie Göbekli Tepe zu errichten, und dies muss unter der Kontrolle einer herrschenden Körperschaft von immenser Überzeugungskraft erfolgt sein.

Es bleibt die Frage, woher diese Elite gekommen sein mag, und ob irgendwo unabhängige Evidenzen für ihre Existenz zu finden sind. Einen Hinweis ersten Ranges würden Fundstätten mit proto-landwirtschaftlichen Experimenten [orig: "proto-agriculture experimentation"; d. Ü.] darstellen, die älter als die PPN-Stätten [1] Ober-Mesopotamiens (Nord-Syrien, Nord-Irak und südöstliche Turkei), mit ihren 11 500 -11 000 Jahren BP (before present) sind.

Abb. 2: Göbekli Tepe - die Fundstätte von Süden aus betrachtet.
(Bild: © Andrew Collins)

Ich vermute die Urheimat der einwandernden schamanischen Elite am Oberen Nil in Ägypten und im Sudan, wo bei Ausgrabungen von Fundstätten, die den Isnan- und Qadan-Völkern vor 15 000 bis 11 500 Jahren zuzurechnen sind, einige Anzeichen für Proto-Landwirtschaft gefunden wurde. Heute werden diese Evidenzen jedenfalls ernstlich in Frage gestellt, was es noch schwerer macht, die Migrations-Route dieser Leute festzustellen. Weiter vermute ich, dass die Personen, die für Göbekli Tepe verantwortlich waren, aus Afrika kamen.

Sie wanderten über jene Gegenden nach Ober-Mesopotamien ein, die man heute als Vorgebirge und Bergland des nördlichen Israel und des südlichen Libanon kennt. Es könnte sogar eine Verbindung mit den Cromagnon-Höhlenkunstlern Westeuropas [2], oder sogar mit aus China und Südostasien eindringenen Völkern [3] geben. Wir sollten diese Zeit unvoreingenommen betrachten, da die weltweit für Proto-Landwirtschaft erbrachten Evidenzen immer weiter in die Vergangenheit zurückreichen.

HERA-Magazine: Das Alter dieser Stätte ist ist erstaunlich, wenn man die Komplexität jener fortschrittlichen Kultur in Betracht zieht, die sie anzeigt. Wie erklären Sie die Existenz solch einer entwickelte Kultur vor 11 000 Jahren?

A. Collins: Es gibt keine einleuchtende Erklärung dafür, dass am Ende der jüngsten Eiszeit solch eine hohe Kultur in Ober-Mesopotamien existierte, als der Rest der Welt noch von Gemeinschaften von Jägern und Sammlern bewohnt war, die mit kaum mehr beschäftigt waren, als von einem Tag zum anderen zu überleben. Jedenfalls schufen diese 'gesichtslosen' Individuen, die unter Archäologen als 'präkeramisch-neolithische' [orig.: "Pre-Pottery Neolithic"; d. Ü.] Völker bekannt sind, einige der faszinierendsten Exemplare von Kunstwerken der alten Welt, die Jahrtausende lang nicht übertroffen werden sollten.

Abb. 3: Skizze eines Fresko auf einer Mauer in Çatal Hüyük. Auf der linken Seite sind Geier zu sehen, die einen Menschenkopf zu beschützen scheinen, den Sitz der Seele.
(Zeichnung: © Andrew Collins)

Ich nehme an, dass die vorgeschlagene Priesterschafts- oder Schamanen-basierte Herrschafts-Elite in die Region kam und auf eine hauptsächlich mit Jagen und Sammeln beschäftigte Gemeinschaft stieß, die am Ende der jüngsten Eiszeit reif für eine Veränderung war und somit leicht ihre Verwandlung in eine Gesellschaft fest angesiedelter Bauern bewerkstelligen konnte. Entwickelte Stätten wie Göbekli Tepe und Nevali Çori wurden ihre zivilen und zeremoniellen Nerven-Zentren. Sie alle waren Teil der so genannten neolithischen 'Revolution' oder 'Explosion', die im wesentlichen hier begann, bevor sie sich über den eurasischen Kontinent verbreitete.

Ich bin der Überzeugung, dass der Verkehr zwischen der vermuteten Herrschafts-Elite und den Völkern Ober-Mesopotamiens im Buch Enoch überliefert wird, in dem es heißt, 'Wächter' genannte Wesen seien unter den Sterblichen umgegangen, und hätten sie die verbotenen Künste und die Wissenschaften des Himmels gelehrt. Darunter, wie es heißt, die Anwendung von Kräutern und Pflanzen, Metallurgie, die Herstellung von Waffen, die Schönheitspflege von Frauen und die Astronomie [...]

Ähnliche Geschichten gibt es in den Mythen und Legenden von Sumer, in denen von Göttern die Rede ist, die Annunaki genannt wurden, zu den Sterblichen kamen und sie mit den Rudimenten der Zivilisation ausstatteten. Ich denke, es gibt starke Evidenzen für die Annahme, dass die Wächter und ihre Sprösslinge, die Nephilim, tatsächlich die schamanische Elite waren, welche die früh-neolithischen Kult-Zentren von Ober-Mesopotamien schufen. In der pseudo-epigraphischen Literatur werden sie wiederholt als Vogelmenschen bezeichnet. Wir wissen, dass der wichtigste Totenkult der neolithischen Periode sich auf die Exkarnation konzentrierte, und auf die Verwendung des Geiers als ein Symbol sowohl für Astralreisen und die Transmigration der Seele im Tode. Deutliche Bildhauereien (Abb. 6) und Abbildungen (Abb. 3) von Geiern, sowie Darstellungen von Vogel-Menschen, hat man bei Göbekli Tepe und anderen PPN-Stätten in der Südost-Türkei und Nord-Syrien entdeckt.

HERA-Magazine: Bei Göbekli Tepe wurden die ältesten Tempel mit Totem-Symbolen entdeckt. Könnten Sie uns erklären, was für ein Kult dort zelebriert wurde, und worin die Bedeutung der dortigen Tier-Abbildungen bestand?

A. Collins: Unter den als Hoch-Reliefs gravierten Formen, die auf den Stein-Säulen von Göbekli Tepe zu sehen sind, befinden sich Anthropomorphe, Katzenartige, Raubvögel, spermienartige Schlangen, Spinnentiere, Insekten, Füchse, Eber und Strauße. Dort gibt es so viele verschiedene Typen von zoomorphischen Abbildungen, dass es sich bisher niemand möglich gewesen ist, den beabsichtigten Symbolismus insgesamt zu interpretieren oder zu erfassen, sofern es sich tatsächlich um Symbole gehandelt hat.

Abb. 4: Dieser Pfeiler mit der Abbildung eines löwenartigen Tieres gehört zu den vielen Fundobjekten mit zoomorphischen Darstellungen aus Göbekli Tepe.
(Foto: © Deutsches Archäologisches Institut)

Wie auch immer, scheint es dort eine deutliche Präferenz für das Interesse an Schlangen und Vögeln, wie dem Geier, gegeben zu haben. Während der Geier mit Tod und Wiedergeburt in Verbindung gebracht wurde, wie es in Çatal Hüyük der Fall ist - der ältesten neolithischen Stadt der Welt, die in der südlichen Zentral-Turkei liegt und auf 8500 Jahre BP datiert wird -, nehme ich an, dass die Schlange unter den PPN-Gemeinschaften eine etwas andere Rolle spielte. Die Schlange ist ein universelles Symbol für Geburt, neues Leben, Transformation, kosmische Schöpfung sowie göttliche Kenntnisse und Weisheit. Ich vermute zudem, dass Ober-Mesopotamiens Totenkult die Verwendung von halluzinogenen Substanzen kannte, vermutlich Pilz-Wirkstoffen, da Schlangen ein universelles Symbol sind, das man in veränderten Bewusstseins-Zuständen wahrnimmt [...]

HERA-Magazine: Meinen Sie wirklich, dass wir durch ein korrektes Studium von Göbekli Tepe in der Lage sein werden, die Ursprünge der biblischen Erzählungen zu verstehen?

A. Collins: Göbekli Tepe ist der älteste Stein-Tempel, den es auf der ganzen Welt gibt, und muss ein Schlüssel zum Verständnis der Symbolik der Geschichte vom Garten Eden sein. Es ist seltsam, dass die Schlange als ein wichtiges Symbol in der Geschichte von Adam und Eva im Buch Genesis auftaucht. Dort im Alten Testament symbolisiert sie die Kenntnis des Bewusstseins, dass Adam und Eva nackt waren, und dass sie ihre Blöße bedecken sollten.

Ich betrachte das als eine Metapher für die Art und Weise, in welcher die eindringende Herrscher-Elite Ober-Mesopotamiens, die vermuteten Wächter des Buches Enoch, den Sterblichen verbotenes Wissen gab, das für immer die Art und Weise veränderte, in der sie über das Leben dachten. Wie auch immer, war dies zu viel und zu früh erlangtes Wissen, und so wurden Adam und Eva aus Eden vertrieben, von dem wir annehmen, dass es sich um ein reales Königreich am Lake Van gehandelt hat, einem riesigen Inland-See in der östlichen Türkei. Von hier aus nehmen Euphrat und Tigris, zwei der Flüsse des Paradieses, ihren Lauf, bevor sie in den 'Fruchtbaren Halbmond' des Irak hinab fließen.

HERA-Magazine: In der Tat ist der Autor und Archäologe David Rohl - ein Kollege von Ihnen - überzeugt, dass Göbekli Tepe das biblische Eden ist. Stimmen Sie darin mit ihm überein? Wenn ja, wie würden Sie diesen Zusammenhang beschreiben?

A. Collins: David kennt sich bestens mit den Themen aus, die in meinen vorigen Büchern FROM THE ASHES OF ANGELS (1996) und GODS OF EDEN (1998) umrissen wurden. Darin wird der ursprüngliche Garten Eden als ein Gebiet bezeichnet, das sich hauptsächlich über Ober-Mesopotamien (Südosttürkei, Nordsyrien und den Nordirak) erstreckte. In seinem Buch LEGEND (1998) betrachtete David das Land Eden als eine weitaus größere Region, die nicht nur ganz Ober-Mesopotamien bedeckte, sondern auch große Teile des westlichen und nördlichen Iran und auch Armenien umfasste.

Er bestand darauf, dass ich bezüglich des von mir angegebenen Gebiets falsch lag, da es seinen eigenen Theorien zu den vier Flüssen des Paradieses widersprach, von denen es heißt, sie seien dem Land Eden entsprungen. Wenn David jetzt meint, dass Göbekli Tepe der Garten Eden ist, dann hat er seine Position in gewisser Weise geändert. Doch nehme ich an, dass er nun Recht hat, da ich ja mehr oder weniger das selbe in THE CYGNUS MYSTERY aussage, das ich mit meiner Reise nach Göbekli Tepe im Jahr 2004 beginne.

HERA-Magazine: In was für einer Beziehung standen die Zentren von Göbekli Tepe, Nevali Çori und Çatal Hüyük?

A. Collins: Der wesentliche Zusammenhang zwischen PPN-Schlüssel-Fundstätten wie Göbekli Tepe und Nevali Çori besteht in der Tatsache, dass sie sich in Layout, Design und Kunst entsprechen. Sie wurden von der selben, einzigartigen Menschen-Rasse [4] errichtet. Sie stehen mit Çatal Hüyük im Zusammenhang, da sie späte Entwicklungen derselben Hoch-Kultur darstellen, und so kann uns diese Stadt - die erstmals in den frühen 1960ern vom britischen Archäologen James Mellaart untersucht wurde - viel über die früheren Kulte an Orten wie Göbekli Tepe und Nevali Çori verraten. Das gilt beispielsweise auch für den neolithischen Totenkult.

In Çatal Hüyük finden wir Fresken von Geiern, welche die Seelen der Verstorbenen in die nächste Welt begleiten, und auch solche von Schamanen, welche bei vermutlich schamanischen Praktiken, wie den Kontakt oder die Reise zur anderen Welt, die Form von Geiern annehmen. Da Statuen von Vogel-Menschen und auch solche von Geiern sowohl bei Göbekli Tepe als auch bei Nevali Çori gefunden wurden, können wir recht sicher sein, dass dort zwischen 11 500 und 10 000 BP derselbe Kult existierte.

HERA-Magazine: Können sie mir etwas über das steinerne Karibu verraten, das den Lebensbaum bewacht? Das erinnert mich stark an den Cherub, der die Bundeslade bewacht, und an eine ähnliche Abbildung, die man ebenfalls bei den Babyloniern gefunden hat. Ist Göbekli Tepe wirklich der Ursprung dieser biblischen Symbole?

A. Collins: Karibus und Cherubim sind dasselbe - engelhafte Wesen, und ihre Ursprünge können letztlich bis zu den Erinnerungen an die Priester- oder Herrscher-Elite an Orten wie Göbekli Tepe zurückverfolgt werden. Es steckt eindeutig mehr hinter der Geschichte de Cherub, der den Baum des Lebens im Garten Eden bewacht, da sie sich entweder auf Archäoastronomie oder auf eine globale Katastrophe gegen Ende der jüngsten Eiszeit beziehen könnte. Viel mehr Wissen über diese Epoche steckt im Buch Enoch und dem 'Buch der Riesen', die man beide zwischen den Rollen vom Toten Meer entdeckt hat, und die wahrscheinlich zuerst in der Region der südöstlichen Turkei aufgezeichnet wurden, woher Abraham, der Vorfahr der hebräischen Rasse gekommen sein soll.

Abb. 5: Das am weitesten südlich liegende Kult-Gebäude von Göbekli Tepe.
(Foto: © Andrew Collins).

Ein Höhlen-Schrein, der seine angebliche Gebürts-Stätte markiert, kann in Sanliurfa (Urfa, die alte Stadt Edessa) besichtigt werden, wo verschiedene PPN-Stätten entdeckt wurden. Dort gibt es starke Evidenzen, die von David Rohl erhärtet wurden, welche zeigen, dass Sanliurfa, das alte Urfa, das originale Ur der Chaldäer war, wo Abraham geboren sein soll. Es ist sehr gut möglich, dass die Geschichte von den 'Wächtern', die im Buch Enoch zu finden ist, aus Ober-Mesopotamien kam, dem wahren Chaldäa, als Abraham und seine Familie, die Vorfahren der Israeliten und Juden, sich von der Stadt Harran aus zu ihrer epischen Reise nach Kanaan, dem künftigen Land Israel, aufmachten.

HERA-Magazine: Ich habe auch gelesen, dass bei Göbekli Tepe eine der ältesten Abbildungen eines Engels gefunden wurde. Könnten Sie mir etwas darüber erzählen? Denken Sie, dass diese Fundstätte etwas mit den 'Wächtern' zu tun hat?

A. Collins: Ich kann nur wiederholen, was ich schon oben gesagt habe: Wir sprechen hier von einem Vogelmenschen-Kult, von Geier-Schamanen, an die man sich später als 'Wächter' des Buches Enoch und als Engel der biblischen Überlieferung erinnern sollte. 'Engel' hat man keine in Göbekli Tepe gefunden, sondern einfach gravierte Statuen von Männern mit Schwingen auf ihrem Rücken. Diese Hybriden waren wahrscheinlich die Schamanen, die Flügel trugen, und keine übernatürlichen Wesen. Es sollte festgehalten werden, dass die ursprünglichen Engel nie Flügel hatten - dieses Element wurde den bereits existierenden Geschichten von den Früh-Christen während des vierten Jahrhunderts nach Chr. hinzugefügt. Tatsächlich gibt es einige Berichte von Wächtern, die Feder-Mäntel trugen, was [...] in christlichen Zeiten von 'Federn' zu 'Schwingen' umgedeutet wurde. Die Adaption ist plump und in ihrer Absicht unverkennbar.

HERA-Magazine: Ich habe auch etwas über die Entdeckung entsprechender Tempel von ähnlichem Alter bei Karahantepe, Sefertepe und Hamzantepe gelesen. Das war eine für diese Zeit wirklich recht weit verbreitete Gesellschaft, und sie scheint, wie auch die Entdeckung der Balikligöl-Statue anzeigt, dem Beginn des neolithischen Zeitalters in dieser Gegend vorausgegangen sein. Wie denken Sie darüber?

A. Collins: Es gibt mehrere neue PPN-Fundstätten, die derzeit in der östlichen und südöstlichen Türkei untersucht werden, und es steht zu hoffen, dass dabei zu gegebener Zeit viele neue Evidenzen herauskommen werden. Zwei PPN-Stätten wurden unlängst innerhalb der Stadtgrenzen von Sanliurfa ausgegraben. Trauriger Weise wurden diese Exemplare zerstört, und es wurden lediglich ein paar Gegenstände für die Nachwelt bewahrt. Eine Fundstätte war Balikligöl, wo das Idol entdeckt wurde, das einen gigantischen ithyphallischen Mann abbildet. Es wurde mit Fruchtbarkeit und Ergiebigkeit des Landes in Verbindung gebracht, aber was genau es darstellt, bleibt der allgemeinen Spekulation überlassen.

Abb. 6: Dieser aus Stein geschnittener Geierkopf gehört zu den Fundstücken, die bei Göbekli Tepe entdeckt wurden.
(Foto: © Deutsches Archäologisches Institut)

Doch viel bedeutender ist Karahan Tepe, eine Stätte, die erst in den späten 1990ern entdeckt wurde, und noch auf ihre komplette Ausgrabung wartet. Sie liegt in der Nähe von Sogmatar auf der Harran-Ebene, und wird auf ein Alter von mindestens 11 000 Jahre datiert. Auch dort hat man bereits eine große Anzahl T-förmiger Pfeiler und Stein-Reihen freigelegt, und es war ihre nördliche und östlich-nördlich-westliche Ausrichtung, die mich die Bedeutsamkeit des präkeramisch-neolithischen Mentalität in Ober-Mesopotamien erkennen ließ. Ich begann herauszufinden, dass die frühesten neolithischen Kult-Zentren, die Prototypen von Steinkreisen und Hügel-Kammern, in etwa nord-südlich ausgerichtet waren.

Da 'Norden' in Çatal Hüyük eine Himmelsrichtung des Todes und der Wiedergeurt war, erkannte ich bald, dass an Orten wie Karahan Tepe und Göbekli Tepe die Bewegung der zirkumpolaren Sterne des nördlichen Himmels - einen eigentlichen Polarstern - gab es um 9500 - 9000 v. Chr. nicht - im Fokus der Aufmerksamkeit stand. Im astronomischen Programm Skyglobe suchte ich gründlich nach diesen Daten und stellte fest, dass nur eine Konstellation Gegenstand ihrer Ausschau gewesen sein konnte, und dies war Cygnus, der in der europäischen Sternenkunde als 'Schwan des Himmels' [orig.: "celestial swan"; d. Ü.] bekannt ist. Es gibt jedenfalls eindeutige Evidenzen dafür, dass man Cygnus im alten Mesopotamien als Raubvogel betrachtete, während er in klassischen Mythen gelegentlich als Geier angesehen wurde, im neolithischen Totenkult ein Symbol der Seelenwanderung.

Als ich zudem entdeckte, dass die Sabier von Harran - eine Rasse von Menschen, die auch als Chaldäer bekannt sind und Ober-Mesopotamien viele tausend Jahre nach den präkeramisch-neolithisch Völkern [...] bewohnten - den Norden als primäre Ursache [?; orig: "Primal Cause"; d. Ü.] und auch Himmelsrichtung verehrt wurde, wusste ich, dass ich auf einer 'heißen Spur' war. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in THE CYGNUS MYSTERY zu finden; sie zwingen uns, alles neu zu überdenken, was wir bisher über das Verständnis unserer frühen Vorfahren vom Kosmos und unserem Platz darin zu wissen glaubten.


Anmerkungen und Quellen

Dieses Interview des HERA-Magazine, wurde der Homepage (andrewcollins.com) von Andrew Collins entnommen, wo es unter dem Titel "GÖBEKLI TEPE - EDEN, HOME OF THE WATCHERS" erschienen ist. Übersetzung ns Deutsche und redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de nach http://www.andrewcollins.com/page/articles/Gobekli_Tepe_interview.htm

  1. Erklärung: PPN = ("Pre-Pottery Neolithic" ('präkeramisch-neolithisch')
  2. Red. Anmerkung: Vergleiche dazu auch Ein atlantischer 'Außenposten' im Nahen Osten und Atlantis und der Cro-Magnon-Mensch von R. Cedric Leonard sowie Die Atlantis-Theorie des Lewis Spence von L. Sprague de Camp
  3. Siehe: Stephen Oppenheimer, "EDEN IN THE EAST", 1998
  4. Red. Anmerkung: Collins´ Verwendung des antiquierten und ideologisch besetzten Begriffs "Rasse" ("race") für einzelne Gliederungen des Homo sapiens halten wir für unzulässig. Zu einer konformistisch-anthropologischen Kritik des "Rasse"-Begriffs siehe: Wir sind alle Afrikaner von Prof. Dr. Volker Sommer; zu einer alternativ-historischen Distanzierung von diesem Begriff siehe z.B.: Fünf Thesen zur Vorgeschichte von Dr. Horst Friedrich).


Bild-Quelle

(1-6) http://www.andrewcollins.com/page/articles/Gobekli_Tepe_interview.htm