Briefe über Amerika - Brief Nr. 5 (1777): Unterschied zwischen den Versionen

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In diese unbekannten Länder, von deren Daseyn aber eine beständige Tradition redete, versetzten also die Alten die Hesperiden,  
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In diese unbekannten Länder, von deren Daseyn aber eine beständige Tradition redete, versetzten also die Alten die Hesperiden, und hierauf den Sitz der Seligen nach dem Tode, nämlich Elysium, wie uns [http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Tzetzes Tzetzes], Strabo, u. a. melden. Die Reise des Hanno dürfen wir nicht anführen, denn er umsegelte blos Afrika bis zu den Küsten von Guinea und Senegal, und höchstens kann man vermuthen, daß er an einer Insel des grünen Vorgebürge gelandet habe, wo er die Fabel von den Feuerflüssen, den Pauken und den Trommeln schmiedete, die man in dem Periplus liest, welcher seinen Namen führt, wenn er nicht den Meerphosphorus, der in der That an diesen Küsten sehr gemein ist, oder jene Schwärme von Insekten, oder leuchtenden Seewürmern, für Feuerflüsse angesehen hat, welche zuerst Vianello von Chiozza entdeckte, und die, im Jahr 1749. in Venedig, verschiedene von meinen gelehrten Freunden, in Gesellschaft und auf dem Landhause unseres schätzbaren und werthen Freundes, des Senators Angelo Querini, dem Abt Rollet, beobachten ließen. Hier sammelte er die Kenntnisse und Erfahrungen, von denen er in der Folge in Frankreich, in seinem Bericht an die Akademie, als von einer Entdeckung, die ihm ganz zugehöre, Gebrauch machte, ohne der Art, wie er hierzu gelanget war, im geringsten zu gedenken. 
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Diogenes von Laerte <ref>Siehe: Lib. VIII. cap. I. n. 19</ref> sagt deutlich, einer der Lehrsätze der pythagoräischen Schule wäre gewesen, daß die Erde rund sey, daß es Antipoden gebe, welche ihre Füsse nach den unsrigen zu kehreten. Eben dies versichern auch [http://de.wikipedia.org/wiki/Solinus Julius Solinus]. <ref>Siehe: Polyhist. cap. 20.</ref> Diese so wahre, und durch die Wirklichkeit bestärke Meinung
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wurde, wenn wir den Geschichtschreibern glauben wollen, von den Kirchenvätern geläugnet, und von ihnen verboten, sie zu behaupten und zu glauben. Plutarch <ref>Siehe: Placit. Phil. III. cap. 13.</ref> versichert, daß der Lehrsatz von der Bewegung der Erde, dem Philolaus eigen gewesen sey; aber [[Aristoteles]] <ref>Siehe: De coelo II. 14.</ref> schreibt sie den Pythagoräern zu.
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Sonderbar ist auch dasjenige, was Plinius <ref>Siehe: </ref> nach dem Zeugniß des Kornelius Nepos, erzählt, nämlich, daß dem [http://de.wikipedia.org/wiki/Quintus_Caecilius_Metellus_Celer Q. Metellus Celer], als er Proconsul in Gallien war, von dem Könige der Sueven, einige Indianer zum Geschenke geschickt wurden, die durch einen Sturm, in einen von seinen Häfen verschlagen worden waren. Diese Begebenheit ist von dem Pomponius Mela nachgeschrieben worden. Jene Indianer können höchstens von Grönland gewesen seyn, wo die Menschen mit denjenigen, welche das Land Labrator bewohnen, oder den Eskimos von gleicher Art sind, die in der That ein Gegenstand der Verwunderung bey den Römern haben seyn können. Herr [http://de.wikipedia.org/wiki/Pierre_Daniel_Huet Huet], in der Geschichte der Handlung <ref>Siehe: Cap. 52.</ref>, da er dieses Factums gedenkt, ist entschieden, zu glauben, daß diese Menschen Lappländer gewesen, welche durch den Ungestüm der Winde, an die Küsten von Deutschland geworfen worden wären. Diese Meinung dünkt mich noch wahrscheinlicher zu seyn.
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Es ist ohnstreitig wahrscheinlich, daß man durch den Weg über Island, auch in spätern Zeiten an dem festen Lande des mitternächtlichen Amerika´s von unserer Halbkugel aus, zuweilen gelandet habe; und aus dem Bericht der Zeni, ohngeachtet einige Fabeln hinzugekommen sind, kann man schließen, daß diese Reise wirklich gemacht worden sey. In der Sammlung des Hakluynt, und nach dem Zeugnis des Pawel, wird die Unternehmung des Madoc, des Sohnes von Owen Guyned, Prinzen von Galles, vom Jahr 1170. gerühmt, welcher, sagt man, gegen Abend seegelte, und ein, mit Lebensmitteln und Gold überflüßig versehenes Land entdeckte, auf demselben 120. Menschen zurück ließ, und, nachdem er nach Engeland zurückgekehrt war, und eine neue Flotte ausgerüstet hatte, die Reise noch einmal unternahm, aber, daß man von ihm keine weitere nachricht erhielt. Zum Beweis von allem diesem, werden vom Pawel, in der Geschichte von Galles, vier Verse eines gewissen Marrdich angeführt, welcher aber ums Jahr 1477. lebte, und in denen nichts anderes gesagt wird, als daß Madoc ein Vergnügen daran gefunden hätte, neue Länder zu suchen, ohne zu bestimmen wo, oder welche.
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Wenn es indeß, wie alte Geschichtschreiber versichern, mit dem Privilegium, das Ludwig der Gute im Jahr 834. unter dem 16ten May der Kirche von Hamburg ertheilt haben soll, seine Richtigkeit hat, so müssen wir hieraus schließen, daß die nordischen Inseln, Island und Grönland, in jenen bekannt gewesen sind, wodurch die Reise und der Bericht der Brüder Zeni einen höhern Grad von Wahscheinlichkeit erhalten.
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In der That scheint es auser Zweifel zu seyn, daß Grönland in denjenigen Zeiten, die wir die mittlern nennen, bekannt gewesen sey, wenn es wahr ist, daß man daselbst noch immer Uiberreste von alten Gebäuden findet, die auf europäische Art eingerichtet gewesen sind; und wenn man demjenigen, was der, übrigens scharfsinnige, Herr Mallet, in seiner Einleitung zur Geschichte von Dännemark schreibt, Glauben beimißt. Er sagt nämlich, daß 100. Jahr nach der Entdeckung von Island, ein Herr, namens Torwald, ein Norwege, wegen eines im Zweykampf begangenen Mords, aus Norwegen entflohen, und nach Island gegangen sey, aus welcher Insel in der Folge sein Sohn Heinrich, wegen einer gleichen Ursache, habe fliehen müssen, und, nachdem er sich eingeschifft, im Jahr 982. dasjenige Land entdeckt, welches er Grönland d. i. grün Land genennt, und einen isländischen Pflanzort angelegt habe.
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Sein Sohn Leif
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S. 117
 
  
  

Version vom 16. September 2009, 19:40 Uhr

Artikel ist in Arbeit!

von Giovanni Rinaldo Carli

Abb. 1 Graf Giovanni Rinaldo Carli, Verfasser der 'Briefe über Amerika'

Nicht nur aus der Aehnlichkeit der Sitten, der Gebräuche, der Religion und der Sprache, können wir, wie wir schon gethan haben, auf die alte Gemeinschaft zwischen der einen und der andern Halbkugel schließen; sondern auch aus einer beständigen Tradition, durch welche die Nachrichten von den alten Begebenheiten und Ereignissen aufbehalten werden.

Die alte von Plato im Timäus angeführte Tradition von Ägypten ist Ihnen hinlänglich bekannt. Ich läugne nicht, daß dasjenige, was er über die Atlantiden gesagt hat, für eine Fabel gehalten worden ist; aber um dieses zu behaupten, muß man dem Plato den Vorwurf eines Betrügers machen, oder ihn beschuldigen, dasjenige, was er bey dieser Gelegenhheit in dem andern Dialog, Critias betitelt, bezeugt und versichert, nicht untersucht zu haben.

In diesem nun sagt Plato, daß Solon aus den aegyptischen Büchern die alten Nachrichten abgeschrieben, daß er selbst diese Schrift oder die Abschrift derselben, dem Großvater des Critias gegeben, und daß sie Critias bey sich selbst in Verwahrung gehabt habe. Plato ist gewohnt, der Fabel den Namen Fabel zu geben; aber in der Nachricht von der Ankunft der Atlantiden sowohl im Timäus, als in dem Critias, versichert er, daß es eine alte Geschichte, und daß es zwar eine bewunderungswürdige, aber eine zuverlässig wahre Sache sey.

In dieser Schrift nun des Solons las man, daß sich, jenseits der Säulen des Hercules, eine sehr große Insel, größer als Asien und Libyen befände, welche von dem Atlas, dem erstgebohrnen Sohne des Neptuns, Atlantis hieß, welcher Name sich auch auf das dazwischen befindliche Meer erstreckte; daß Atlas einen Bruder, namens Gadirus, gehabt habe; daß diese Völker in unser festes Land einfielen, daß Gadirus die Inseln eroberte, welche sich am nächsten bey den Säulen des Hercules befanden, welcher Ort von seinem Namen Gadiricum benennt wurde, woraus Gaditanum entstand.

Hierauf wurde dieses große Land sehr genau beschrieben, und auch einige Gesetze und Gebräuche angeführt, bey welchen in der That, wie es scheint, die Aegypter mehr ihrer Einbildungskraft als der Wahrheit gefolgt haben. Da aber der übrige Theil dieses Dialogs verlohren gegangen ist, so nehmen wir zu dem Timäus unsere Zuflucht, in welchem angemerkt wird, daß die Atlantiden auf der einen Seite in Afrika bis nach Aegypten, und auf der andern bis zu den Tyrrheniern eingedrungen wären, daß die Völker von Athen, von denen die Einwohner von Sais abstammten, sich zur Wehre gesetzt, und nach einem langen Kriege die Atlantiden verjagt hätten.

Dieses Kriegs wird auch von dem Hesiodus, in der Theogonie v. 608 u. f. Gedacht, wo er anmerkt, daß Atlas, der Sohn des Japets und der Clymene, der Tochter des Ozeans, gewesen sey, und daß er, weil er, nebst dem Menöcius, dem Premetheus und dem Epimetheus, gegen den Jupiter Krieg führen wollen, darzu verdammt worden sey, den Himmel zu tragen [→] den listigen Hesperiden gegen über.

Die Dichter nannten alle diejenigen Kinder des Ozeans, welche, nach der Tradition, vorgaben, von daher gekommen zu seyn. Da aber Hesiodus ohngefähr 933. Jahr vor unserer gemeinen Zeitrechnung lebte, so kann man versichert seyn, daß die Tradition von der Ankunft der Atlantiden, und von dem Krieg derselben, sehr alt gewesen sey, nämlich ohngefähr 1000. Jahr v. C. Welches so viel als ohngefähr700. Jahr vor Plato sagen will. Diese Tradition wird durch die Fabel von den Titonen bestätigt, Menschen von einer riesenmäßigen Größe, die Krieg in Aegypten führten, der uns von den Griechen als ein Krieg wider Jupiter vorgestellt wird. Daher auch Klemens von Alexandrien (Strom. Lib.I) behauptet, daß der lybische Atlas der erste gewesen sey, welcher Schiffe verfertigt habe.

Auf der andern Seite fanden die Europäer in Amerika eine andere Tradition, welche die unsrige bestätigt. Kortes erstattete, wie ich erinnert habe, Karl dem V. Bericht von einer Unterredung, die Montezuma mit ihm hatte, in welcher dieser Kaiser ihm erzählte, daß sie aus einer sehr alten Tradition wüßten, daß einige ihrer Vorfahren in die gegen den Morgen gelegenen Länder gegangen wären, und er daher vermuthete, daß die Spanier Abkömmlinge von ihnen seyn müßten, weswegen er sie auch als Mitbürger aufnahm, und sie ersuchte zu glauben, daß sie sich in ihren Häusern und in ihrem alten Vaterland befänden.

Herrera und Solis hinterbringen uns das Gespräch des Montezuma wörtlich, in welchem sie diese Worte ausführen: Wisset, daß es unter uns nicht unbekannt ist, und daß wir eurer Versicherung nicht bedürfen, um zu glauben, daß der große Prinz, dem ihr dient, von unserm alten Quezecoal [1] dem Beherrscher der sieben Hölen der Navatlachos, und rechtmäßigem Könige der sieben Nationen, welche das Reich von Mexiko gestiftet haben, abstamme. Wir haben aus einer der Prophezeyungen, die in unsern Jahrbüchern aufgezeichnet sind, die Nachricht, daß er aus dem Lande ging, um gegen den Morgen neue Länder zu erobern, und daß er das gewisse Versprechen zurück gelassen hätte, daß in der Folge der Zeit seine Nachkommen wieder kommen würden, um die Gesetze zu verbessern, und die Regierungsform zu reformiren. Herrera fügt einen Umstand hinzu, nämlich, daß die Kaiser von Mexiko von einem Prinzen abstammten, der aus Osten gekommen, und hierauf wieder dahin zurückgegangen wäre. Die Prophezeyung ist in der That nicht richtig, denn, anstatt Verbesserung der Gesetze und der Regierungsform, hätten sie sagen sollen, Zerstörung des ganzen Landes.

Dem sey indeß wie ihm wolle, wir finden eine alte Tradition in Aegypten und in Griechenland, daß von dem Ozean herüber eine kriegerische Nation gekommen sey, welche in Spanien, Italien und einem großen Theil von Afrika eingedrungen wäre; und in Amerika finden wir ebenfalls eine Sage, daß aus einer Halbkugel ein großer Prinz gekommen sey, um Länder und Reiche in der unsrigen zu erobern.

Aber wenn hat sich dieses zugetragen? Unsere Geschichtschreiber, die sich, aus einem, dem Menschen eigenen, Stolze als den Mittelpunkt und den Ursprung betrachten, haben untersucht, wenn und wie die Völker unserer Halbkugel nach Amerika haben übergehen können. Der gute Gonzalo d'Oviedo [2] will beweisen, daß Atlas ein Italiäner gewesen sey, daß sein Bruder Hesperus nach dem Herkules in Spanien regiert habe, daß derselbe der zwölfte König in Spanien gewesen wäre, daher dieses Reich Hesperien genennet wurde; und daß folglich, da die Könige von Spanien die Beherrscher der Hesperiden wären, welche nicht die glücklichen Inseln, sondern wirklich, einem Vorgeben nach, jene große Halbkugel waren, die Oberherrschaft Karl des V. über Amerika deutlich dargethan sey.

Grotius sagt, daß die mitternächtlichen Völker von Amerika, durch den Uebergang der Norwegen, über die Inseln von Island, Friesland, Esrotiland???? S. 110 nach Grönland, Abkömmlinge von demselben wären, und nimmt also, obwohl stillschweigend, die Nachricht des Nicolaus Zenus????? an, die aus den Briefen des Herrn Ritters Nicolaus genommen ist, welcher im Jahr 1380 aufs baltische Meer ging, auf dem er Schiffbruch litte, und auf den Inseln, vielleicht auf den orkadischen, einen Prinzen, namens Zichmi ????, fand, unter welchem er Entdeckungen bis nach Grönland machte, und wider den König von Norwegen Krieg führte, was aber die mittägigen Völker anbetrift, so nimmt Grotius keinen Anstand, sie von den Chinesern, den Aethiopiern, und den Afrikanern abstammen zu lassen.

Von Lart??? und Horn, die von uns öfters angeführt worden sind, finden verschiedene leichte Wege, von Asien nach Amerika, (welches jetzt die große Bemühung der Russen ist,) um die Scythen, die Mogoln, die Tartarn, und die Chineser hinüber gehen zu lassen, und eben so leicht finden sie den Weg der Phönizier, der Karthaginienser, der Kananäer durch das atlantische Meer. Acosta, Escarbot, Breeernivood, Moraes, Gumilla ?????? S. 111 lassen sie von Cham oder von den Tartarn, den Karthaginiensern u.s.w. abstammen.

Von diesen ersten Auswanderungen aus unserer Halbkugel, in jene, wird immer noch die Frage übrig bleiben, wie die Menschen es haben wagen können, sich, ohne zu wissen, wo sie hingiengen, mit kleinen Kähnen, auf das hohe Meer zu begeben; und wie sie, ohne Beyhülfe des Kompasses, ein bekanntes und fruchtbares Land, wie Asien, Afrika oder Europa war, haben verlassen können, um ein anderes zu suchen, das sie nicht kannten, und dessen Daseyn so gar, durch die Meinung, daß es keine Gegenfüßler geben könne, widerlegt wurde; und, was noch mehr ist, wie sie diesen kleinen Kähnen nicht alleine Weiber, sondern auch Haasen, Kaninchen, Affen, Wölfe, Tieger, Schlangen, und die unzähligen Geschlechter von Landthieren und Geflügeln, die sich in jener Halbkugel befinden, haben anvertrauen können?

Eine andere sonderbare Bemerkung macht der P. Gumilla [3]. In Amerika, sagt er, findet man vierfüßige und geflügelte Thiere, die nur diesem Lande eigen sind, wie die Vikunnas, die Pakos, die Hammel von Peru, die Tropillos, (Gellinaffen,)???? 112 die Tukan´s [4], die Tomineos [5], die Guanam´s ???, und eine unendliche Anzahl anderer Thiere.

Wie ist es nun möglich, sagt er, daß sie aus unserer Halbkugel nach Amerika übergegangen seyn, Sans qu'l en soit resté un seul, pas même dans souvenir? In der That hat man auf unserer Halbkugel von diesen Thieren niemals einen Begriff gehabt. Bey alle dem bezeichnet Herr Huet den Weg, den die Phönizier und die Karthaginienser (welche aber weder Weiber noch Schlangen mit aufs Meer nahmen,) genommen haben sollten, um Amerika zu bevölkern, ohnerachtet sie zufälliger Weise, durch die Winde, welche zwischen den Wendekreisen wehen, dahin sollen verschlagen worden seyn. [6] St. Augustin aber schließt so: nimis absurdum est, ut dicatur, aliquos homines ex hac in illam partem Occani immensitate trajecta navigare ac pervenire potuisse. [7]

Ich läugne nicht, daß in den alten und mittlern Zeiten, durch den Zufall, Reisen auf dem Ozean gemacht, und Inseln auf demselben entdeckt wotrden sind, die man aber, aus Mangel des Kompasses, in der Folge nicht wieder gefunden hat.

Aristoteles, oder, richtiger zu reden, der Verfasser des Buchs, von wunderbaren Dingen, und Theophrast hinterbringen uns, daß im Jahr 356. nach Erbauung der Stadt Rom, welches den Zeiten des Aristoteles ziemlich nahe ist, ein karthaginiensisches Schiff in den Ozean eindrang, und eine sehr angenehme Insel entdeckte, auf welcher ein Theil der Mannschaft zurückblieb, und daß, als die übrigen nach Karthago zuück kamen, der Senat sie alle umbringen ließ, damit diese Entdeckung nicht bekannt würde. Es ist wahrscheinlicher, daß ihnen nur ein Stillschweigen auferlegt wurde.

Diodor (B. 5) schreibt, daß die Phönizier vom Winde verschlagen wurden, und von den Ufern Libyens, nach Verlauf von vielen Tagen, an eine große, gegen den Abend gelegene, Insel kamen, welche an allerley Produkten fruchtbar war, und daß, als sie auf derselben einen Pflanzort anlegen wollten, die Karthaginienser sich darwider setzten; nicht allein, sagt Diodor, aus Furcht, daß ihre Mitbürger, durch die Güte des Bodens gereizt, ihr Vaterland verlassen möchten, sondern auch, um einen Zufluchtsort, im Fall des Untergangs der Republik zu haben.

In dem Buch de Mundo (cap. 3.) behauptet Aristoteles zu wiederholten malen, daß es wahrscheinlich sey, daß es jenseits des Ozeans andere Inseln und feste Länder gäbe, die größer als unseres, obgleich uns unbekannt wären. Anderer ungewisser Traditionen von verschiedenen Inseln des atlantischen Meeres gedenkt Plinius, [8] nach dem Zeugnis des Ephorus, des Eudor, des Timosthenes u. a. namentlich der Hesperiden, der Gorgaten, der Atlantiden; ja er fügt hinzu, Statius Sebosus versichern, daß man von den gorgatischen Inseln 40. Tage brauche, ehe man zu den Hesperiden gelange. In so viel Zeit segelt man von den Kanarien, oder den Inseln des grünen Vorgebürges, nach Amerika.

Plinius beschreibt in dem folgenden Kapitel die kanarischen Inseln genau, wovon er jeder ihren besondern Namen giebt, die erste nämlich nennt er Ombrion, die zweyte Junonia, die dritte Capraria, die vierte Nivaria, und die fünfte Kanaria. Aelian versichert, Silen habe den Midas gelehrt, daß Europa, Libyen und Asien eine Insel ausmachten, die vom Meer umgeben wäre, daß jenseits des festen Ozeans das wahre veste Land sey, in welchem die Menschen von größerer Statur, als in dem unsrigen wären, länger lebten, und daß sich daselbst Gold und Silber in großer Menge befände. [9] Er nennt auch einige von den Städten, z.B. Machimon, und fügt, nach dem von dem Theopomp angeführten Zeugniß des Silens, hinzu, daß diese Völker auch einstmals auf unsere Halbkugel gekommen wären. Gleichförmige Traditionen hatte vielleicht Lucian, und vornämlich Virgil, welcher [10] [→] Oceani finem juxta solemque cadentem die Hesperiden, woher, nach dem Vorgeben der Dido, die Wahrsagerin gekommen seyn sollte, versetzt. So singt Seneca, in dem Chor derMedea, als ein Prophet:

......venient annis
Secula feris, quibus Oceanus
Vincula rerum laxet, et ingens
Pateat Tellus, Typhisque novos
Detegat orbes, nec sit Terris
Ultima Thulae.

In diese unbekannten Länder, von deren Daseyn aber eine beständige Tradition redete, versetzten also die Alten die Hesperiden, und hierauf den Sitz der Seligen nach dem Tode, nämlich Elysium, wie uns Tzetzes, Strabo, u. a. melden. Die Reise des Hanno dürfen wir nicht anführen, denn er umsegelte blos Afrika bis zu den Küsten von Guinea und Senegal, und höchstens kann man vermuthen, daß er an einer Insel des grünen Vorgebürge gelandet habe, wo er die Fabel von den Feuerflüssen, den Pauken und den Trommeln schmiedete, die man in dem Periplus liest, welcher seinen Namen führt, wenn er nicht den Meerphosphorus, der in der That an diesen Küsten sehr gemein ist, oder jene Schwärme von Insekten, oder leuchtenden Seewürmern, für Feuerflüsse angesehen hat, welche zuerst Vianello von Chiozza entdeckte, und die, im Jahr 1749. in Venedig, verschiedene von meinen gelehrten Freunden, in Gesellschaft und auf dem Landhause unseres schätzbaren und werthen Freundes, des Senators Angelo Querini, dem Abt Rollet, beobachten ließen. Hier sammelte er die Kenntnisse und Erfahrungen, von denen er in der Folge in Frankreich, in seinem Bericht an die Akademie, als von einer Entdeckung, die ihm ganz zugehöre, Gebrauch machte, ohne der Art, wie er hierzu gelanget war, im geringsten zu gedenken.

Diogenes von Laerte [11] sagt deutlich, einer der Lehrsätze der pythagoräischen Schule wäre gewesen, daß die Erde rund sey, daß es Antipoden gebe, welche ihre Füsse nach den unsrigen zu kehreten. Eben dies versichern auch Julius Solinus. [12] Diese so wahre, und durch die Wirklichkeit bestärke Meinung wurde, wenn wir den Geschichtschreibern glauben wollen, von den Kirchenvätern geläugnet, und von ihnen verboten, sie zu behaupten und zu glauben. Plutarch [13] versichert, daß der Lehrsatz von der Bewegung der Erde, dem Philolaus eigen gewesen sey; aber Aristoteles [14] schreibt sie den Pythagoräern zu.

Sonderbar ist auch dasjenige, was Plinius [15] nach dem Zeugniß des Kornelius Nepos, erzählt, nämlich, daß dem Q. Metellus Celer, als er Proconsul in Gallien war, von dem Könige der Sueven, einige Indianer zum Geschenke geschickt wurden, die durch einen Sturm, in einen von seinen Häfen verschlagen worden waren. Diese Begebenheit ist von dem Pomponius Mela nachgeschrieben worden. Jene Indianer können höchstens von Grönland gewesen seyn, wo die Menschen mit denjenigen, welche das Land Labrator bewohnen, oder den Eskimos von gleicher Art sind, die in der That ein Gegenstand der Verwunderung bey den Römern haben seyn können. Herr Huet, in der Geschichte der Handlung [16], da er dieses Factums gedenkt, ist entschieden, zu glauben, daß diese Menschen Lappländer gewesen, welche durch den Ungestüm der Winde, an die Küsten von Deutschland geworfen worden wären. Diese Meinung dünkt mich noch wahrscheinlicher zu seyn.

Es ist ohnstreitig wahrscheinlich, daß man durch den Weg über Island, auch in spätern Zeiten an dem festen Lande des mitternächtlichen Amerika´s von unserer Halbkugel aus, zuweilen gelandet habe; und aus dem Bericht der Zeni, ohngeachtet einige Fabeln hinzugekommen sind, kann man schließen, daß diese Reise wirklich gemacht worden sey. In der Sammlung des Hakluynt, und nach dem Zeugnis des Pawel, wird die Unternehmung des Madoc, des Sohnes von Owen Guyned, Prinzen von Galles, vom Jahr 1170. gerühmt, welcher, sagt man, gegen Abend seegelte, und ein, mit Lebensmitteln und Gold überflüßig versehenes Land entdeckte, auf demselben 120. Menschen zurück ließ, und, nachdem er nach Engeland zurückgekehrt war, und eine neue Flotte ausgerüstet hatte, die Reise noch einmal unternahm, aber, daß man von ihm keine weitere nachricht erhielt. Zum Beweis von allem diesem, werden vom Pawel, in der Geschichte von Galles, vier Verse eines gewissen Marrdich angeführt, welcher aber ums Jahr 1477. lebte, und in denen nichts anderes gesagt wird, als daß Madoc ein Vergnügen daran gefunden hätte, neue Länder zu suchen, ohne zu bestimmen wo, oder welche.

Wenn es indeß, wie alte Geschichtschreiber versichern, mit dem Privilegium, das Ludwig der Gute im Jahr 834. unter dem 16ten May der Kirche von Hamburg ertheilt haben soll, seine Richtigkeit hat, so müssen wir hieraus schließen, daß die nordischen Inseln, Island und Grönland, in jenen bekannt gewesen sind, wodurch die Reise und der Bericht der Brüder Zeni einen höhern Grad von Wahscheinlichkeit erhalten.

In der That scheint es auser Zweifel zu seyn, daß Grönland in denjenigen Zeiten, die wir die mittlern nennen, bekannt gewesen sey, wenn es wahr ist, daß man daselbst noch immer Uiberreste von alten Gebäuden findet, die auf europäische Art eingerichtet gewesen sind; und wenn man demjenigen, was der, übrigens scharfsinnige, Herr Mallet, in seiner Einleitung zur Geschichte von Dännemark schreibt, Glauben beimißt. Er sagt nämlich, daß 100. Jahr nach der Entdeckung von Island, ein Herr, namens Torwald, ein Norwege, wegen eines im Zweykampf begangenen Mords, aus Norwegen entflohen, und nach Island gegangen sey, aus welcher Insel in der Folge sein Sohn Heinrich, wegen einer gleichen Ursache, habe fliehen müssen, und, nachdem er sich eingeschifft, im Jahr 982. dasjenige Land entdeckt, welches er Grönland d. i. grün Land genennt, und einen isländischen Pflanzort angelegt habe.

Sein Sohn Leif



Anmerkungen und Quellen

  1. Anmerkung: Er wird auch Quetzalcoatl genennt; aber wir wollen uns nicht darauf einlassen, alle Namen zu berichtigen, sondern wir halten uns gewöhnlich an diejenigen, welche die ersten Spanier angegeben haben, die Veränderung, die sie mit denselben vorgenommen haben, sey welche sie wolle.
  2. Siehe: Hist. Lib. II.
  3. Siehe: Hist. Tom. II. p. 219.
  4. Anmerkung des Übersetzers: Denn vermuthlich versteht der Verfasser diese amerikanischen Vögel, unter den, nach der löblichen Gewohnheit der Italiener verstümmelten Benennungen, Torpiali, Tochi.
  5. Anmerkung des Übersetzers: Ein zum Geschlechte der Kolibris gehöriger Vogel.
  6. Siehe: Demonstr. Evang. Prop. IV. cap. 7.
  7. Siehe: De civit. Dei Lib. XVI. cap. 9.
  8. Siehe: Lib. VI. cap. 31
  9. Siehe: Variae Hist. Lib. III. 18.
  10. Siehe: Aeneid. VI. v. 480.
  11. Siehe: Lib. VIII. cap. I. n. 19
  12. Siehe: Polyhist. cap. 20.
  13. Siehe: Placit. Phil. III. cap. 13.
  14. Siehe: De coelo II. 14.
  15. Siehe:
  16. Siehe: Cap. 52.


Bild-Quellen

(1) Stefano Bianchi, PUBBLICAZIONI BIBLIOTECHINA DEL CURIOSO - „Osservazioni sulla musica antica e moderna“ di Gian Rinaldo Carli