Der Neandertaler: Genauso intelligent wie der Homo sapiens

Abb. 1 Symbolbild: Rekonstruktion eines Neandertalers

(rmh) Wie Andreas Müller auf der Basis einer Studie der Archäologen João Zilhão von der Universidade de Lisboa, Diego Angelucci, Università degli Studi di Trento und die Archäologin Mariana Nabais vom Katalanischen Institut für Humanpaläoökologie und soziale Evolution (IPHES) aktuell im Fachjournal „PLoS ONE“ (DOI: 10.1371/journal.pone.0292075) - als Recherchequelle wird die Università degli Studi di Trento genannt - feststellt, waren die Neandertaler genauso intelligent wie der moderne Mensch - dies legt zumindest eine Analyse des Speiseplans des Homo neanderthalensis nahe, die mit dem Homo sapiens einen gemeinsamen Lebensraum teilten.

Den Ausführungen der Wissenschaftler zufolge war der Neandertaler zu symbolischem Denken in der Lage, konnte künstlerische Objekte schaffen, wusste darüber hinaus, wie man seinen Körper mit persönlichem Schmuck dekorierte und hatte eine äußerst vielfältige Ernährung. Sie sagen: "Hinzu kommt, dass wir aufgrund unserer Ergebnisse mit Sicherheit sagen können, dass sie gewohnheitsmäßig gekochte Nahrung zu sich nahmen. Diese Fähigkeit bestätigt, dass sie genauso geschickt waren wie die Homo sapiens."

Der Studie zufolge gibt es, wie Müller weiter feststellt, keinen Zweifel daran, dass Neandertaler nicht nur Feuer machen konnten, sondern dass Feuer darüber hinaus Bestandteil ihres Alltags war. Die Forscher verglichen Überreste von gezielten Feuern an der Gruta da Oliveira in Portugal - einer der wichtigsten archäologischen Fundorte aus dem Mittelpaläolithikum in Europa.

Wie Müller zum Hintergrund dieses Fundes ausführt, ist diese Höhe deswegen so außergewöhnlich, weil die Ausgrabungen, die zwischen 1989 und 2012 stattfanden, systematisch und äußert präzise durchgeführt wurden. Weiter sagt er: "Die Gruta de Oliveira ist Teil des Almonda-Karstsystems, einem weitverzweigten Höhlennetzwerk in verschiedenen Höhen über einer großen Quelle, das in verschiedenen Perioden während der Vorgeschichte bewohnt war. Die ältesten Schichten der Gruta de Oliveira, die mehrere Gänge umfassen, datieren auf etwa 120.000 Jahre, die jüngsten auf etwa 40.000 Jahre: Es wird angenommen, dass Neandertaler diesen Ort vor etwa 100.000 bis 70.000 Jahren bewohnt haben."

Abb. 2 Ausgrabungen in der Gruta de Oliveira

Die Archäologen fanden in der Gruta ungefähr ein Dutzend Feuerstellen auf verschiedenen stratigraphischen Ebeben in einem Ausgrabungsbereich von etwa 30 Quadratmetern, der sechs Meter tief war. Zu erkennen waren schalenarige, kreisförmige Strukturen, die mit Überresten gefüllt waren.

Anhand der Funde rund um diese Feuerstellen ist zu erkennen, dass die Bewohner der Höhlen hier ihr Essen kochten. Angelucci: "Wir fanden verbrannte Knochen, verbranntes Holz und Aschereste. Und der Fels darunter ist von der Hitze gerötet worden: Dies ist ein entscheidendes Detail, denn es zeigt uns, dass die Struktur sich in einer primären Position befindet. Feuer ist ein fundamentales Element in ihrem täglichen Leben. Es macht den Ort gemütlich und hilft der sozialen Interaktion. Es vermittelte vermutlich schon damals eine grundlegende Vorstellung von 'Zuhause', vermutlich auch für die Neandertaler."

Durch die Funde konnten die Ernährungsgewohnheiten der Neandertaler klar erkannt werden: "Wir fanden die Überreste und verbrannten Knochen von gekochten Ziegen, Hirschen, Pferden, Auerochsen (ausgestorbene Bullen), Nashörnern und Schildkröten, die wahrscheinlich auf ihren Panzern platziert und auf heißen Steinen geschmort wurden. (…) Fleisch stand auf der Speisekarte in dieser Binnenhöhle, aber in anderen Ausgrabungen in Höhlen mit Blick auf das westliche Mittelmeer in der Nähe von Cartagena (Spanien) wurden Überreste von Fischen, Muscheln und Weichtieren, sogar gerösteten Pinienkernen gefunden."

Diese neuen Untersuchungen unterstützen, wie Müller weiter mitteilt, die Ergebnisse eine Studie, die bereits 2020 im Fachjournal Science veröffentlicht worden waren. Schon diese zeigte, dass der Neandertaler eine vielfältige Ernährung hatte. Die neue Studie zeigt jedoch zusätzlich, dass er Feuer verwendete, um diese Essen zuzubereiten.

Was jedoch unklar bleibt, ist die Frage, auf welche Weise die Neandertaler ihr Feuer entfachten. Die Wissenschaftler spekulieren: "Vielleicht haben sie es so gemacht wie in der neolithischen Zeit, indem sie Feuersteine gegeneinanderschlugen, um Funken auf einen Zunder zu werfen, wie zum Beispiel ein trockenes Nest. Dies ist eine prähistorische Technik, die bei der Untersuchung des Ötzi entdeckt wurde. Bisher haben wir jedoch keine Beweise dafür gefunden."

Allerdings gab die Ausgrabung einer Reihe von Schichten, die 30.000 Jahre abdeckten, den Archäologen die Gelegenheit, ihre Daten mit jenen anderer Stätten in der gleichen Gegend zu vergleichen, die bis ins Jungpaläolithikum zurückreichen und eine jüngere Zeit umfassten, in der dann schließlich auch der Homo sapiens in der Gegend nachgewiesen wurden: "Wir haben keinen Unterschied festgestellt: Sie lebten in den Höhlen auf ähnliche Weisen. Ihre Fähigkeiten sind auch ein Zeichen von Intelligenz.".

Quelle

Müller, Andreas: Ausgrabungen zeigen: Neandertaler waren genauso intelligent wie Homo sapiens. 16,10.2023. Online auf: https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/ausgrabungen-zeigen-neandertaler-waren-genauso-intelligent-wie-homo-sapiens20231016

Bildquellen

Abb. 1: Copyright: Neanderthal-Museum, Mettmann (via WikimediaCommons) / CC BY-SA 4.0

Abb. 2: Copyright: João Zilhão