Atlantis

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Begriffserklärung

(bb) Der aus dem Altgriechischen stammende Begriff Atlantis (Άτλαντὶς / Átlantìs) bedeutet wörtlich: „Zum Atlas gehörend“, „dem Atlas zuzurechnen“, oder poetisch auch: 'Tochter des Atlas', bzw. im Deutschen - als Adjektiv - 'atlantisch'. Sein Genus (grammatisches Geschlecht) ist femininum (weibl.) [1], der Plural (Mehrzahl) lautet: Atlantiden. [2]

Abb. 1 Die erste bekannte Erwähnung des Begriffs 'Atlantis' findet sich in den 'Historien' des Herodot. (Abbildung: R. Cedric Leonard)

Die früheste Verwendung dieses Begriffs findet sich nach bisherigem Erkenntnisstand bei dem hellenischen Autor Herodot (* 490/480 v. Chr.; † um 425 v. Chr.), der ihn in seiner Abhandlung 'Klio' (Historien, Buch I, 202), im Zusammenhang mit dem Ausdruck θάλασσα (thálassa = Meer) als geographischen Terminus zur Bezeichnung des Meeres außerhalb der Säulen des Herakles - Ἀτλαντἰς θάλασσα (Átlantìs thálassa = Das Meer des Atlas, Atlantische See) - verwendet. (Abb. 1)

Der Athener Staatsphilosoph Platon (* 428/427 v. Chr. - † 348/347 v. Chr.) verwendet den Begriff Atlantis einige Jahrzehnte später in seinen Dialogen Timaios und Kritias in Verbindung mit dem Wort νῆσος (nē̂sos [3] = Insel) zur Bezeichnung einer, von ihm beschriebenen, vorzeitlichen Insel im Atlantik (Άτλαντὶς νῆσος / Átlantìs nē̂sos = „Zum Atlas gehörige Insel“).

Auch bei späteren graecoromanischen [4] Autoren der Antike findet sich die Bezeichnung Atlantis mit eben dieser Wortbedeutung, wobei ihre Atlantiden nicht (zwangsläufig) mit dem platonischen Atlantis identisch waren. So z.B. bei Apollonius von Rhodos (in seiner 'Argonautica') und bei Plinius dem Älteren (vi.36; als Bezeichnung für eine Insel vor der afrikanischen Atlantikküste). [5]

Abb. 2 Hier das Titelblatt von Francis Bacons Werk New Atlantis (Ausgabe von 1628). Mit dem enormen Erfolg dieses Buches setzte sich langsam auch die Verwendung von 'Atlantis' als Eigenname für Platons sagenhafte Insel durch.

Atlantis ist also - die Charakterisierung einer historisch-geographischen Entität betreffend - ursprünglich KEIN Eigenname der von Platon erwähnten Insel gewesen, wie zumeist fälschlich angenommen wird [6], sondern lediglich eine geographische Bezeichnung für eine der (bewohnten) Atlantikinseln, deren Namen den antiken Autoren nicht (mehr) bekannt waren. [7]

Historisch lässt sich die Verwendung von Atlantis als Name, wie es bei Thorwald C. Franke heißt, auf die Veröffentlichung von Francis Bacons utopischem Werk "New Atlantis" (Abb. 2) im Jahr 1627 zurückführen. Zuvor "wurde das Wort Atlantis immer im Zusammenhang mit 'insula' bzw. 'island' verwendet, wodurch deutlich wurde, dass es die 'Insel des Atlas' ist, und kein Eigenname. Auf der Ebene der alten Sprachen ist das auch stets deutlich gewesen.

Doch Francis Bacon verwendet nun Atlantis ohne 'insula' bzw. 'island', wodurch Atlantis zum Eigennamen wird. Wir finden zwar bereits bei Gómara und José de Acosta den Ausdruck >Insel, die Platon Atlantis nennt<, doch erst Francis Bacon dürfte diese Sprechweise entgültig popularisiert haben. Ein wichtiger Grund dafür dürfte der Umstand sein, dass Francis Bacon New Atlantiszuerst auf Englisch schrieb, und sein Werk erst nachträglich ins Lateinische übertrug." [8]


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Anmerkung: Die häufig vorzufindende Annahme, das grammatische Geschlecht des Wortes Atlantis sei Neutrum ist unrichtig. Vergl. z.B.: Der neue Brockhaus, Allbuch in fünf Bänden und einem Atlas; Dritte völlig neu bearbeitete Auflage, Erster Band – A bis D (Stichwort >Atlantis<, S. 134), F.A. Brockhaus, Wiesbaden, 1958.

    Darüber hinaus belegt die gesamte deutschsprachige Literatur der Neuzeit zum Thema Atlantis das weibliche Genus des Begriffs. Siehe dazu bei Atlantisforschung.de etwa: Besprechung zur deutschsprachigen Ausgabe der „Briefe über Amerika“ des Conte Carli (1785) aus: Neue Leipziger gelehrte Zeitungen auf das Jahr 1785'; und: Eine Spur der versunkenen Atlantis aus: 'Morgenblatt für gebildete Stände, Nr. 128, Dienstag, 29. Mai 1821'; sowie: Atlantis insula in: Pauly´s Real-Encyclopädie der classischen Alterthumswissenschaft (1866); Herausgeber: Dr. Wilh. Sigm. Teuffel. Dass heute (etwa seit Mitte des 20. Jahrhunderts) fast nur noch in der esoterischen Literatur von „der Atlantis“ gesprochen wird, ändert nichts am grammatischen Geschlecht des Begriffs.
  2. Anmerkung: Die ebenfalls häufige Behauptung, es gebe für den Begriff Atlantis keinen Plural – etwa bei Wiktionary - Das freie Wörterbuch (Stand: April 2009) - ist unzutreffend. Vergl. dort dazu das Stichwort ''Atlantis'
  3. Red. Anmerkung: Da wir feststellen mussten, dass es bei einigen Browsern offenbar zu technischen Problemen bei der Darstellung des Wortes kommt, bilden wir es hier noch einmal als Graphik ab: Nesos.jpg
  4. Anmerkung: GRAECOROMANISCH = Dem griechisch-römischen Kulturkreis der Antike zuzuordnen.
  5. Anmerkung: Andere antike Autoren verwendeten die Begriffe Atlantis und Atlantiden in ihrer mythologischen Bedeutung („Tochter/ Töchter des Atlas“). So etwa der frühe griechische Historiker Hellanikos von Lesbos in seinem Traktat >Atlantis<, in dem er sich mit den mythischen Atlantiden befasste. Wieder andere äußerten sich über – vermutete oder tatsächliche – Atlantikinseln, ohne diesen Ausdruck >Atlantis< (im Singular oder Plural) zu verwenden (etwa der, bei dem Neoplatoniker Proklos erwähnte Historiker Marcellus).
  6. Anmerkung: Auch dieser Irrtum wird bei Wiktionary - Das freie Wörterbuch (Stand: April 2009) perpetuiert.
  7. Anmerkung: Der Altphilologe Reinhold Bichler bemerkt im Rahmen von Bemerkungen zur Frage der ägyptischen Herkunft der Atlantis-Erzählung: "Die etymologische Betrachtung läßt eine Hekunft des Stoffes aus transformierter ägyptischer Mythologie durchaus möglich erscheinen. »Atlantis« läßt sich demzufolge aus dem Ägyptischen her als Ausdruck für »die große Insel« bzw. auch »die namenlose Insel« verstehen." Quelle: Reinhold Bichler, "Historiographie - Ethnographie - Utopie", Otto Harrassowitz Verlag, 2007, S. 96. Bichler verweist dazu auf: Wolfgang Schenkel, "Atlantis: die »namenlose Insel«", in: Göttinger Miszellen 36, 1979, S. 57-60; sowie auf: J. Gwyn Griffiths, "Atlantis and Egypt", in: Historia 34, 1985, S. 3-28. Somit scheinen selbst die alten Ägypter den eigentlichen Namen der Atlantis nicht mehr gekannt zu haben.
  8. Quelle: Thorwald C. Franke, "Kritische Geschichte der Meinungen und Hypothesen zu Platons Atlantis", Norderstedt (BoD), 2016, S. 293 - ISBN 978-3-7412-5403-1

Bild-Quellen:

1) Bild-Archiv R. Cedric Leonard
2) JKeck bei Wikimedia Commons, unter: File:Bacon 1628 New Atlantis title page wpreview.png