Fossile Fußspuren auf Kreta – Wieder einmal ein Hinweis auf Unstimmigkeiten in der Evolutionsgeschichte des Menschen

Abb. 1 Freigelegte Fläche mit den 5,7 Millionen Jahre alten Fußspuren

(rmh) Im Artikel "Fossile Fußspuren auf Kreta stellen Theorien zur menschlichen Evolution"[1] vom 02.09.2017 stellt Andreas Müller fest, dass versteinerte Fußspuren in der Nähe von Trachilos auf Kreta als Spuren eines Säugetiers galten. Nun ist Müller zufolge allerdings eine neue Studie aufgetaucht, aus der hervorgeht, dass es sich um die Abdrücke eines "Frühmenschen" zu handeln scheint. Das hieße: Der Mensch ist mindestens 5,7 Millionen Jahre alt! Bisher jedoch bestand Konsens innerhalb der Naturwissenschaft, dass der Mensch in jener Zeit nur in Afrika lebte, doch gerade diese Theorie steht jetzt auf dem Prüfstand.

Seit den Funden des Australopithecus in Süd- und Ostafrikaain der Mitte des 20. Jahrhunderts steht dieses "Dogma". Diesem zufolge blieb der Mensch mehrere Millionen von Jahren in Afrika isoliert und erst nach diesem Zeitraum habe er sich Richtung Europa und Asien verbreitet.

Jetzt haben jedoch die Forscher Gerard Gierlinski und Grzegorz Niedzwiedzki vom Polnischen Geologischen Institut im Fachjournal "Proceedings of the Geologists' Association" [2] neue Analyseergebnisse von Spuren, die 2002 von Gierlinski veröffentlicht, die nahe Kreta entdeckt wurden, vorgelegt. Neu ist die Datierung der Funde auf das Alter von 5,7 Jahren und die Überraschung war groß: Die fossillierten Fußspuren weisen menschenartige anatomische Merkmale auf, und somit deute sich eine "offenbar komplexere Historie und Entstehung der Entwicklung des Menschen" an.

Dagegen gleichen die Füße des ungefähr 4,4 Millionen Jahre in Äthiopien gefundene alten Ardipithecus ramidus mit seinem seitlich abstehenden großem Zeh noch eher den von Menschenaffen bzw. menschlichen Händen. Dies war der Grund dafür, warum er "als direkter Vorfahre der späten Hominoiden und der menschenähnliche Fuß damals als noch nicht entwickelt" galt.

Dies steht in offensichtlichen Widerspruch zu der neuen Studie. Diese räumen die Möglichkeit ein, dass es sich bei ihrem Fund auch um bislang vollkommen ungekannten Primaten handeln könnte.

Abb. 2: Detailansicht einer der Fußspuren

Die Studie deckt sich jedoch mit jüngsten Funden in Südosteuropa, deren Alter erst vor kurzen auf 7,2 Millionen Jahren datiert hatten. Damals schrieb Müller in Grenzwissenschaft aktuell: "Tübingen (Deutschland) – Nicht in Afrika, sondern auf dem Balkan haben Wissenschaftler Hinweise auf eine 7,2 Millionen Jahre alte Vormenschen-Art gefunden und rütteln damit an der bisherigen Lehrmeinung über Afrika als sogenannte 'Wiege der Menschheit' und vermuten zugleich, dass sich die Entwicklungslinien von Schimpansen und Menschen hier möglicherweise mehrere hunderttausend Jahre früher getrennt haben als bislang angenommen."

[3]Basis der Entdeckung war eine Studie von Professorin Madelaine Böhme vom Senckenberg Centre für Human Evolution und Paleaoenvironment an der Universität Tübingen und Nikolai Spassov von der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften [1]in gleich zwei Fachjournalen [ref] http://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/wiege-der-menschheit-in-suedosteuropa-nicht-afrika20170523/ und http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0177127 </ref> zwei Fossilfunde des Graecopithecus freybergi mit modernen Methoden untersucht haben und zum Schluss gekommen sind, dass "es sich um eine bisher unbekannte Vormenschart handelt". "Auf der Grundlage dieser Schlussfolgerung vermuten die Wissenschaftler zudem, "dass die Abspaltung der menschlichen Linie im östlichen Mittelmeerraum stattgefunden hat und nicht – wie bisher vielfach angenommen – in Afrika", schreibt Müller.

Dieser zitiert bezüglich der neuen Studie nahe Kreta die Wissenschaftler mit den Worten: "Zur Zeit, als die Fußspuren von Trachilos hinterlassen wurden, einer Periode die als das Späte Miozän bezeichnet wird, gab es die Saharawüste noch nicht und savannenartige Landschaften reichten von Nordafrika bis in den östlichen Mittelmeerraum. Zudem war Kreta noch mit dem heutigen griechischen Festland verbunden. Deshalb ist es auch nicht schwer vorstellbar, wie sich frühe Homininen sowohl in Afrika als auch im südöstlichen Europa ausgebreitet haben konnten."

Weiter schreibt Müller: "Auch die neuerliche Entdeckung bzw. Neudatierung der Spuren von Trachilos stellen also das bisherige Bild der frühen menschlichen Evolution in Frage und heizen die Debatte um die 'Wiege der Menschheit' sicherlich erneut an", so Prof. Per Ahlberg von der Universität Uppsala und Mitautor der Studie abschließend: "Ob nun auch die Wissenschaftsgemeinde diese Spuren als Beweis für die damalige Anwesenheit von Frühmenschen auf Kreta während des Miozäns akzeptieren wird, bleibt abzuwarten."

Quellen: