Riesenfunde - in Kalifornien (VI)

KURIOSA

Abb. 1 Der Bericht aus The Arizona Republican vom 13. April 1892

(bb) Zum Abschluss unserer Sammlung von historischen Berichten über Funde 'riesenhafter' Relikte in Kalifornien möchten wir hier noch ein paar prägnante Beispiele für Kuriositäten vorstellen, auf die man bei der Suche nach Spuren der vorzeitlichen Giganten in alten Chroniken und in Presseveröffentlichungen - vor allem in Letzeren! - stößt.

Unser erster Fall betrifft einen jener "versteinerten Menschen" von zum Teil gigantischem Format, über deren - angebliche oder auch tatsächliche - Entdeckungen US-amerikanische Zeitungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer wieder berichteten. Um es noch einmal hervorzuheben: In den meisten Fällen entpuppten sich diese Spezimen später als Fälschungen, wie z.B. der Cardiff-Riese, das wohl bekannteste Exemplar dieser 'Spezies'.

Der nachfolgend behandelte "versteinerte Indianer" wurde zwar nichr ganz so bekannt wie sein Kollege aus Cardiff, New York, aber immerhin wurde er offenbar auf der Weltausstellung von 1883 in Chicago präsentiert, bzw. war er, wie mehrere Zeitungen damals berichteten, als Austellungstück für diese Großveranstaltung vorgesehen. [1] Den Artikel über ihn (Abb. 1), dessen Übersetzung wir hier präsentieren, haben wir ihn auf der Webseite des Greater Ancestors World Museum von Chris L. Lesley gefunden. Er stammt aus der Ausgabe des Arizona Republican vom 13. April 1892, in der es hieß:

"Der versteinerte Mann, der gerade im Central Hotel in dieser Stadt [d.i. Phoenix, Arizona; d.Ü.] ausgestellt ist, rangiert unter den Kuriositäten, die durch eine Laune der Natur verursacht wurden, zweifellos weit oben. Er wurde am 12. Dezember 1890 entdeckt, etwa sechzig Meiles entfernt von Fresno, Kalifornien (Abb. 2). Das Sumpfgebiet, in dem er entdeckt wurde, scheint voll von versteinertem Holz, Muschelschalen und Wal-Knochen zu sein, und in der Tat scheint alles was einer Versteinerung unterliegen [kann], auf magische Weise von einem verhärtenden Element berührt vorden zu sein.

Abb. 2 Die Lage der Stadt Fresno in Kalifornien, in deren Umgebung der 'versteinerte Indianer' 1890 entdeckt worden sein soll

Viele kompetente und wissenschaftliche Männer, die diesen versteinerten Mann ganz genau untersucht und eine minutiöse Erforschung seiner gesamten Anatomie durgeführt haben, stimmen durchgängig überein, dass er nicht das Werk von Menschen ist. Alle nebensächlichen Beweise beiseite geassen, weist das Fossil an und für sich völlig symmetrische anatomische Relationen auf, welche zu imitieren Kunstgriffe absolut nicht in der Lage wären. Jeder, der mit Fossilien und den Gesetzmäßigkeiten der Versteinerung vertraut ist, muss dieses Spezimen als authentisch beurteilen, da sich unter den selben Gesetzmäßigkeiten und Bedingungen Feststoffe, Fische, Muscheln und andere Objekte, sowohl tierische als auch pflanzliche, in Stein verwandelt haben.

Dr. med. C.E. Beinhard, J.G. Mickle aus Fresno und Dr. med. J.A. Little aus Camp Badger, Kalifornien, liefern, zusammen mit achtzig führenden Medizinern aus dem Golden State [d.i. Kalifornien; d.Ü.] und dem Zeugnis von mehr als 300 repräsentativen Bürgern von Fresno den unanfechtbaren Beweis, dass der >versteinerte Riese<, welcher sechs Fuß und viereinhalb Inches [ca. 1,94 m; d.Ü.] misst, irgendwann einmal ein Mensch war und ging, rannte und tanzte, wie es die indianischen Krieger alter Zeiten taten. Colonel Poston aus dieser Stadt sagt: >Ich habe das meiste der berühmten Bildhauerkunst auf der Welt gesehen, und es gibt nicht ein einziges existierendes Kunstwerk, dass diesem versteinerten Mann auch nur annähernd gleich kommt. Ich zögere nicht, es für authentisch zu erklären und für die größte Merkwürdigkeit, die ich je gesehen habe<." [2]

Abb. 3 Ein Auszug aus dem Artikel des Boston Evening Trancript vom 5. Oktober 1895

Es bleibt anzumerken, dass sich wohl nicht mehr klären lassen wird, ob Colonel Poston und all die anderen Verfechter der Authentizität des 'versteinerten Mannes' aus dem Umland von Fresno mit ihren Expertisen richtig lagen, oder nicht: Das Objekt scheint nämlich später, wie fast alle anderen Fundstücke dieser und ähnlicher Art, spurlos verschwunden zu sein.

In unserem zweiten Fallbeispiel geht es um die angebliche Mumie eines riesenhaften Indianers, und wie wir bereits an anderer Stelle [3] bemerkt haben, gehören Berichte über Mumien menschlicher Giganten - ebenso wie jene über versteinerte Riesen - nicht gerade zur Kategorie der besonders verlässlichen Meldungen. Aber bilden Sie sich bitte selbst ein Urteil darüber, was der Boston Evening Transcript am 5. Okt. 1895 berichtete. Nachfolgend die Übersetzung eines, dieses Spezimen betreffenden Auszugs aus dem sehr umfangreiche Artikel dieser Zeitung zum Thema 'Riesen':

"Die Leiche des größten Mannes, der je gelebt hat [sic!; bb], ist in der Nähe von San Diego, Kalifornien, ausgegraben worden. Jedenfalls gibt es in der alten und modernen Geschichte keinen zufriedenstellenden Bericht über irgendein menschliches Wesen, das auch nur annähernd so groß war. [4]

Die Mumie - denn in diesem Zustand wurden die Überreste gefunden - ist die einer Person, welche zu Lebzeiten 9 Fuß [ca. 2,74 m; d.Ü.] groß gewesen sein muss. Dies bezieht einen Abzug durch Schrumpfung mit ein, welche sehr genau berechnet werden kann. Bezüglich der Genauigkeit der Schätzung kann kein Zweifel bestehen, da die Leiche sorgfältig von Professor Thomas Wilson, dem Kurator der Abteilung für prähistorische Anthropologie der Smithsonian Institution, sowie von anderen Wissenschaftlern inspiziert und vermessen wurde. Die Messband-Linie verzeichnet noch jetzt von der Hacke bis zum Schädeldach acht Fuß und vier Inches [ca. 2,54 m; d.Ü.].

Abb. 4 Die geographische Lage von San Diego

Die Mumie ist die eines Indianers und mit ziemlicher Sicherheit prähistorisch, auch wenn ihr Alter keineswegs genau zu bestimmen ist. Die historischen Aufzeichnungen aus der Gegend Kaliforniens, wo wie gefunden wurde, reichen 250 Jahre zurück, uns sie erwähnen keinen Mann von gigantischer Statur. Wie viel älter die Leiche sein mag, muss der Mutmaßung überlassen bleiben. Ihre Erhaltung ist keineswegs eine überraschende Angelegenheit. In jener ariden Region sind die atmosphärischen Bedingungen dergestalt, dass eine Leiche, die in der trockenen Jahreszeit bestattet wird, sehr gut vollständig vertrocknet sein kann, bevor der Regen beginnt, und so erhält sie einen dauerhaften Schutz vor Verwesung.

Die Leiche wurde von einer Gruppe von Prospektoren in einer Höhle gefunden. Sie ist in einem exzellenten Zustand. Das Rückgrat ist beträchtlich geschrumpft und aufgrund der Austrocknung der Knorpel zwischen den Rückenwirbeln von reduzierter Länge. Die Knie sind etwas angewinkelt. Auf dem Kopf befinden sich die Überreste eines ledernen Hutes, der Teil einer Kleidung gewesen zu sein scheint, die als Totenhemd diente. Der Mann war in recht fortgeschrittenem Alter, was der abgenutzte Zustand der Zähne zeigt." [5]

Abb. 5 Der Bericht des San Francisco Call vom 25. Januar 1896

Was letztlich aus der Riesenmumie von San Diego wurde, lässt sich - wen wundert's? - heute auch nicht mehr feststellen, aber immerhin ist noch nachzuvollziehen, was ein Vierteljahr nach Erscheinen des eben zitierten Berichts mit ihr geschah. Das erfahren wir nämlich aus einem kurzen Artikel (Abb. 5) des San Francisco Call vom 25. Januar 1896:

"Berkeley, Kalifornien, 24. Januar - Deputy Marshal Fred Rawson hat die riesenhafte, acht Fuß und vier Inches große Mumie erworben, die im vergangenen Jahr bei San Diego gefunden wurde [6], und er beabsichtigt, mit ihr durch Kalifornien zu reisen, sobald sie in Berkeley ankommt.

Die Mumie befindet sich jetzt noch in Washington, wo ihre vormaligen Besitzer eine Zeit lang versucht haben, sie an die Smithsonian Institution zu verkaufen. Das Einzige, was dem Verkauf im Weg stand, war der Preis, auf den sich die Besitzer und die Institution nicht verständigen konnten.

Rawson, der ein professioneller Taxidermist und Liebhaber von Kuriosa ist, beobachte den Fortschritt des Geschäfts, und als er herausfand, dass es Probleme gibt, sprang er ein, und erwarb das Gerippe der Missgeburt. [sic!; bb] Rawson hat ein kleines Vernögen in Kuriositäten und seltene Spezimen aus verschidenen Gegenden der Welt investiert, und er beabsichtigt, die besten von ihnen zusammen mit den Knochen des Riesen auf einen Wagen zu laden, und Kalifornien im Stil eines echten 'Groschen-Museums auf Rädern' zu durchqueren. Er erwartet, dass die Mumie Kalifornien im Mai erreichen wird." [7]



Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Siehe z.B: o.A., "THE PETRIFIED MAN", in: The Daily Herald, 25. Januar 1893; nach: CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: The daily herald., January 25, 1893, Image 4 (abgerufen: 12. Aug. 2014)
  2. Quelle: o.A., "BIG INJUN IS HE", in: The Arizona Republican, 13. April 1892; nach: Chris L. Lesley, "The Fresno Petrified Giant", 1. Dez. 2011, bei: Greater Ancestors World Museum (abgerufen: 12. Aug. 2014; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  3. Siehe den Bericht über die gefälschten Marindale-Mumien zu Beginn von: Bernhard Beier, "Riesenfunde - in Kalifornien (I)"; sowie: "Der gepfändete Riese - Die kuriose Gechichte der Giganten-Mumie aus einem Groschen-Museum in Atlanta, für welche die Smithsonian Institution ein erstaunliches Interesse zeigte (bb und rmh)
  4. Anmerkung (bb): Natürlich stellt sich hier die Frage, was bezüglich historischer Berichte über Riesen als "zufriedenstellend" zu bezeichnen ist, aber augenscheinlich war Rene Bache, dem Autor des hier zitierten Artikels, der 1890 in Frankreich erfolgte und wissenschaftlich dokumentierte Fund der Überreste des neolithischen Riesen von Castelnau nicht bekannt, der zu Lebzeiten eine Körpergröße von etwa 3,50 m (ca. 11 Fuß und 7 Inches) aufgewiesen haben muss.
  5. Quelle: Rene Bache, "MUMMY OF A GIANT - Body of a Man Nine Feet High Dug Up in California", in: Boston Evening Transcript 5. Okt. 1895; nach: Google News Newspaper Archive, unter: Boston Evening Transcript - Oct 5, 1895 (abgerufen: 30.07.2014; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  6. Anmerkung (bb): Sofern die Angabe im zuvor zitierten Artikel korrekt ist, die Mumie sei von Prof. Thomas Wilson untersucht worden, muss der Fund wohl schon einige Jahre früher erfolgt sein. Der besagte Professor verstarb nämlich bereits 1902!
  7. Quelle: o.A., "FRED RAWSON'S MUMMY - Berkeley's Deputy Marshal Buys the Old-Time San Diego Giant", in: The San Francisco Call, 25. Jan. 1896; nach: CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: The San Francisco call., January 25, 1896, Page 13, Image 13 (abgerufen: 30.07.2014; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)

Bild-Quellen:

1) Chris L. Lesley, "The Fresno Petrified Giant", 1. Dez. 2011, bei: Greater Ancestors World Museum
2) Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, unter: Fresno (Bild-Barbeitung durch Atlantisforschung.de)
3) Google News Newspaper Archive, unter: Boston Evening Transcript - Oct 5, 1895 (Bild-Barbeitung durch Atlantisforschung.de)
4) Wikipedia - Die Freie Enzyklopädie, unter: San Diego
5) CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: The San Francisco call., January 25, 1896, Page 13, Image 13 (Bild-Barbeitung durch Atlantisforschung.de)