Kumari Kandam

(red) Kumari Kandam - kumʌriˌkʌɳɖʌm - (orig.: (குமரிக்கண்டம் - Kumarikandam), auch Kumari Nadu (Kumariland) genannt, ist die tamilische Bezeichnung für einen mythisch-legendären Kontinent bzw. Subkontinent, der einst im Indischen Ozean gelegen haben soll (Abb. 1), und den Süden Indiens mit Madagaskar im Südwesten und Australien im Südosten verbunden haben soll. Bisweilen wird mit dem hypothetischen Kontinent "Lemuria" gleichgesetzt.

Kumari Nadu.jpg
Abb. 1 Eine kartographische Rekonstruktion von Kumari Kandam
bzw. Kumari Nadu, die alte tamilische Legenden interpretiert.

Die ersten schriftlichen Erwähnungen von Kumari Kandam bzw. Kumari Nadu - zumeist ohne direkte Verwendung dieses Namens - finden sich in den klassischen tamilischen Sangam-Texten, einem Korpus alter tamilischer Literatur, die vor allem aus dem Zeitraum zwischen 300 v.d.Z. und 300 n.d.Z. datiert, welcher allgemein auch als Sangam-Periode bezeichnet wird. [1] Darin werden offenbar Ereeignisse geschildert, die sich während höchst unterschiedlicher (prä-)historischr Perioden ereignet haben.

So wird etwa im Kalittokai (tamil.: கலித்தொகை), 104, berichtet, wie das Meer Ländereien der Pandya-Könige verschlang, woraufhin diese andere Länder eroberten, um diesen Verlust auszugleichen. [2] Dort wird auch Bezug genommen auf Flüsse namens Pahruli und Kumari, die einst ein später überflutetes Land durchflossen haben sollen. [3]

Abb. 2 Kap Komorin, der südlichste Punkt Indiens. Schloss sich hier einst noch eine gewaltige Landstrecke an?

Das Silappadhikaram (tamil.: சிலப்பதிகாரம்), eines der fünf bedeutendsten Epen der klassischen tamilischen Literatur, das vermutlich in den ersten Jahrhunderten n.d.Z. verfasst wurde, legt dar , dass die "grausame See" das pandyanische Land an sich gerissen habe, welches zwischen dem Fluss Pahruli und den gebirgigen Ufern des Kumari-Stroms gelegen habe. Auch dort heißt es, ein Pandiya-König habe daraufhin fremde Länder erobert, wozu an anderer Stelle angemerkt wird, diese Länder hätten zuvor den Chola- und Chera-Königen gehört. (Maturaikkandam, Verse 17-22).

Adiyarkkunallar, ein Kommentator des Epos aus dem 12. Jahrhundert n.d.Z., erklärt, es habe einst im Süden des heutigen Kanyakumari (Abb. 3) ein Land gegeben, welches sich über 700 kavatam hinweg vom Fluss Pahruli im Norden bis zum Fluss Kumari im Süden erstreckte. Da die Maßeinheit kavatam seither völlig in Vergessenheit geraten ist, gibt es heute ganz unterschiedliche Interpretationen oder Schätzungen zur Größe dieses im Meeer versunkenen Gebiets. Diese Annahmen variieren zwischen einer vermuteten maximalen Länge von 1400 Meilen (2300 km) bis zu 7000 Meilen (11.000 km), während andere eine Fläche von insgesamt 6000-7000 Quadratmeilen veranschlagen, oder auch nur ein Gebiet, das lediglich ein paar Dörfer umfasste. [4]

Abb. 3 Tropenlandschaft in Kanyakumari - dürfen wir uns etwa so auch das versunkene Kumari Nadu vorstellen?

Dieses mysteriöse Land war gegliedert in 49 Nadus oder Territorien, welche Adiyarkkunallar - sowohl blumig als auch kryptisch - folgendermaßen benennt: Sieben Kokosnuss-Territorien (elutenga natu), sieben Madurai-Territorien (elumaturai natu), sieben alte sandige Territorien (elumunpalai natu), sieben neue sandige Territorien (elupinpalai natu), sieben bergige Territorien (elukunra natu), sieben östliche Küsten-Territorien (elukunakarai natu) und sieben Zwergpalmen-Territorien (elukurumpanai natu). All diese Ländereien seien, wie er erklärt, zusammen mit dem bergigen Land, welches bei Kumari-Kollam anfing, mit ihren Wäldern und Wohnstätten vom Meer überflutet worden. [5] Zwei dieser Nadus oder Territorien sollen, wie vermutet wurde, Teile der heutigen Distrikte Kollam und Kanyakumari gewesen sein.

Keiner der oben erwähnten, altertümlichen Texte verwendet die heute üblichen Benennungen "Kumarikandam" oder "Kumarinadu", sondern 'Kumari' ist dort der Name des - offenbar bedeutendsten Flusses dieses sagenhaften Landes. [6] Eine direkte Referenz auf ein Land namens "Kumari Kandam" (in der abweichenden Schreibweise: குமரிகண்டம்) findet sich lediglich in dem mittelalterlichen Text Kantapuranam (Kanda Purānam, die tamilischen Version des Skanda Purana) als Benennung für einen von neun Kontinenten, oder für einen der neun Bereiche Indiens und einzige Region, die nicht von Barbaren bewohnt worden sei. [7]


Redaktioneller Hinweis:

Dieser Beitrag, der bisher weitgehend nur Informationen aus dem Lemma Kumari Kandam der englischsprachigen Wikipedia enthält, wird noch weiter ausgebaut!


Externum:


Anmerkungen und Quellen

Einzelverweise:

  1. Anmerkung: Nach tamilischer Überlieferung gab es drei Sangam-Perioden, deren älteste in weit prähistorisch Zeiten angesiedelt sein soll. Die moderne, westlich geprägte Geschichtsforschung bestreitet dies und akzeptiert lediglich die jüngste, historische Sangam-Periode als Faktum.
  2. Siehe: Sumathi Ramaswamy, "The Lost Land of Lemuria: Fabulous Geographies, Catastrophic Histories", Berkeley: University of California Press, 2004, ISBN 0-520-24440-0, S. 143
  3. Siehe: Sumathi Ramaswamy, "History at Land's End: Lemuria in Tamil Spatial Fables", in: The Journal of Asian Studies, Vol. 59, No. 3) 59 (3), 2000, S. 584
  4. Siehe: Sumathi Ramaswamy, op. cit. (2004), S. 130-131, S. 143, S. 205
  5. Siehe: Sumathi Ramaswamy, op. cit. (2000)
  6. Anmerkung: Insofern wäre 'Kumari Nadu' eine in etwa analog zu "Rheinland" oder "Amazonien" zu betrachtende, spätere Namensgebung.
  7. Siehe: Sumathi Ramaswamy, op. cit. (2000), S. 582


Bild-Quellen:

(1) Anonymus, "Kumari Nadu or Lemuria - Was it ten million years ago?", vormals online unter: http://www.crystallotus.com/Lemuria/03KumariNaduorLemuria.htm (nicht mehr abrufbar)

(2) BishkekRocks, Wikimedia Commons,unter: File:Vivekananda Rock & Valluvar Statue at Sunrise.JPG

(3) Infocaster, Wikimedia Commons, unter: File:Hill Scenery - Nagercoil-Trivandrum Highway (Chunkankadai).jpg