Der gepfändete Riese: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 17. Juni 2014, 00:23 Uhr
Die kuriose Gechichte der Giganten-Mumie aus einem Groschen-Museum in Atlanta, für welche die Smithsonian Institution ein erstaunliches Interesse zeigte
vorgestellt von Bernhard Beier und Roland M. Horn
Abb. 2 Der Kopf der Ausgabe des Anderson Intelligencer, in welcher die folgende Story erschien.
Vorbemerkung
Der von uns nachfolgend, ins Deutsche übersetzt, wiedergegebene Bericht (Abb. 2), der am 4. Dezember 1894 in der Zeitschrift The Anderson Intelligencer aus Anderson, South Carolina, erschien, basiert auf einer Reportage der Atlanta Constitution und erzählt eine Geschichte aus Atlanta, Georgia [1] wo diese Zeitschrift erschien. Diese Story ist zwar mit der nötigen Vorsicht zu 'genießen', erscheint aber immerhin so interessant und glaubhaft, dass wir ihn hier vollständig widergeben und zur Diskussion stellen möchten.
Der Bericht des Anderson Intelligencer
"Vor einigen Wochen wurde das Groschen-Museum auf der Decatur Street durch Gerichtsvollzieher Barnes von Richter Edgar Orrs Gerichtshof aufgrund einer Klage gepfändet, die Frau M.A. Hughes gegen Ed. Reedy eingereicht hatte. Reedy war der Direktor des Museums.
Die verschiedenen Kuriositäten, die das Museum ausmachten, wurden nach der Pfändung in Richter Orrs Gerichtsaal verbracht, wo sie sich seither stets befunden haben. Viele Leute haben sie bei Richter Orr gesehen, da ein kurzer Blick auf das Museum dort gratis ist. Interessantester Bestandteil des Museums ist der mumifizierte Körper eines riesigen Indianers. Der Indianer muss zu seinen Lebzeiten mindestens neun Fuß [ca. 2,74 m; d.Ü.] groß gewesen sein. Die Leiche misst, so abgehärmt wie sie ist, nunmehr im ein paar Zoll weniger als neun Fuß. Es wurde von einigen erklärt, sie befinde sich in einem Stadiumn teilweiser Versteinerung, doch in der Zwischenzeit wurde sie von hohen Autoritäten in Osteologie als echte Mumie beurteilt.
Das Fleisch auf dem gewaltigen Skelett ist sehr trocken – zu trocken für eine Versteinerung, und an einigen Stellen liegt das Gerippe beinahe frei. Der mumifizierte Körper des Indianers liegt in einer perfekt natürlichen Position da. Mit seinem groben Haar, welches das Kissen verdeckt, liegt er in einer langen grünen Kiste, aufbereitet für seine Bestimmung [als Ausstellungsstück; d.Ü,], als ob er schlafen würde. Es ist, als habe sich ein gewaltiger Krieger zum Schlafen niedergelegt. Selbst durch sein grobes, trocken muskelartiges, straff über seine Gesichtsknochen gezogenes Fleisch hindurch ist eine leidenschaftliche äußere Erscheinung von Courage wahrnehmbar, von der man annehmen möchte, dass ein Riese sie besitzt. Das gewaltige Gerippe ist wohlproportioniert, wenn man bedenkt, dass es derart groß ist.
Nachdem die bei der Pfändung geforderte Rechnung nicht bezahlt war, wurde das Eigentum rechtsgemäß zum Verkauf am nächsten Montag um 12 Uhr angeboten. Inserierte Kuriositäten waren die riesige Indianermumie, eine Baby-Mumie und ein doppelköpfiges Kalb.
Die Baby-Mumie ist an sich ein interessantes Studienobjekt. Es ist ein indianisches Baby im mumifizierten Zustand, straff eingeklemmt in einem gespaltenen Holzklotz, mit einem altertümlichen Beil, das den kleinen Kopf zerteilt. Es ist anzunehmen, dass das Baby ermordet wurde, möglicherweise von dem großen Hünen, und in die Aushöhlung eines Baumes gesteckt wurde, wo das Baby mumifiziert wurde.
Das Inserat hat die Aufmerksamkeit der Doktoren und Professoren der Smithsonian Institution erregt, und diese Institution hat mehrere Osteologen zu verschiedenen Zeitpunkten entgesandt, um eine Experten-Untersuchungen der Mumie durchzuführen. Zuerst kamen Dr. Priorleau und Professor Steele von der Smithsonian Institution, und sie führten eine gutachterliche Untersuchung der Körper durch, welche die Mumien darstellen. Nach einer langen und gründlichen Überprüfung beurteilen sie sie als echte mumifizierte Körper. Die Riesenmumie war, so sagten sie, 500 oder vielleicht 1000 Jahre alt. Sie äußerten, ihr mumifizierter Zustand sei auf einen besonderen Zufall zurückzuführen. Die Körper wurden in einer in einer besonders trockenen Atmosphäre mumifiziert, erklärten sie.
Professor Lucas war der letzte Professor, der von der Smithsonian Institution hierher kam und die Mumien untersuchte. Er erstellte mit kraftvollen Lupen und auf viele andere Weisen ein Gutachten, und er stellte ebenfalls fest, dass die Körper in einem mumifizierten Zustand waren. Die Untersuchungen wurden mit der Absicht vorgenommen, die Mumien für das Nationalmuseum in Washington anzukaufen.
Von den Professoren des Nationalmuseums wurden Kopien der Verkaufsanzeige mitgenommen, und es wird erwartet, dass Repräsentanten der Institution in Washington bei der Auktion des Museums am nächsten Montag mitbieten werden. All die Experten, welche die Riesenmumie untersucht haben, die nahezu neun Fuß [ca. 2,74 m; d.Ü.] lang ist, denken, dass sie eine Kuriosität ist, die als Ausstellungsobjekt ins Nationalmuseums passt. – Atlanta Contiution" [2]
Eine kleine Nachbereitung zu dieser Story
Wie bereits eingangs bemerkt, und um es noch einmal zu betonen, erscheint bei der Bewertung der hier vorgestellten Story einige Vorsicht geboten. Immerhin ist hier von einer, in einem kommerziellen 'Groschen-Museum' des späten 19. Jahrhunderts ausgestellten Riesen-Mumie die Rede, und über derartige Exponate fällt der amerikanische Riesenforscher Micah Ewers ein vernichtendes Urteil: "Wenn man auf alte Berichte über Riesen stößt, so sind die beiden Kategorien von Hoaxes, die leicht zu erkennen sind, generell: 1.) mumifizierte Riesen 2.) versteinerte Riesen. Und wenn sie auf einem Jahrmarkt oder in einem Zirkus ausgestellt werden, kann man recht sicher sein, dass sie Fakes sind." [3]
Tatsächlich etablierte sich damals - nicht nur in den USA - ein regelrechtes Mumienfälscher-Handwerk, das den Bedarf von Zirkussen, Jahrhrmarktsbuden und Groschen-Museen an 'echten' Relikten von Riesen, Zwergen, Alten Ägyptern, Indianer-Squaws und Monstren aller Art bediente. [4] Insofern können wir uns Ewers´ fachlicher Meinung im Grundsatz voll und ganz anschließen. Doch für jede Regel gibt es Ausnahmen, und immerhin bemerkt er zudem auch: "Legitime Berichte sind diejenigen, welche effektive Vermessungen von Knochen, enorme Schädel und Objekte von immenser Größe beschreiben, die in Zusammenhang mit den sterblichen Überresten stehen, und/oder mit einer anerkannten Institution, einem Professor oder Doktor zu tun haben, welche/r die Vermessungen vornahm." [5]
Zumindest die letztgenannte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall auf's Schönste gegeben, denn offenbar interessierte sich die Smithsonian Institution ganz außerordentlich für die hier behandelten Überreste eines nordamerikanischen Riesen - also eben jener Wesen, deren vormalige Existenz der Mainstream US-amerikanischer Wissenschaft - und übrigens auch der in Deutschland! - schon damals entschieden in Abrede stellte. [6] Dabei trägt auch die Nennung von Namen der an den ersten Untersuchungen beteiligten Wissenschaftler - Dr. Priorleau, Prof. Steele und Prof. Lucas - aufgrund ihrer grundsätzlichen Überprüfbarkeit zur Glabwürdigkeit des Artikels bei.
Dass es sich im vorliegenden Fall um eine journalistische 'Räuberpistole' oder 'Presse-Ente' handelt, durfte auch deshalb unwahrscheinlich sein, weil hier die Namen von ortsansässiger Amtspersonen - insbesondere der des involvierten Richters Orr - genannt werden. Dass ein Lokaljournalist den Namen eines örtlichen (!) Richters für einen Hoax missbrauchen oder sogar Amtsträger in seiner Stadt frei erfinden könne, ist wohl kaum anzunehmen, da eine derartige Posse umgehend 'auffliegen' würde - was mit höchst unangenehmen Konsequenzen für den betreffenden Redakteur verbunden wäre.
Es bleibt die Frage, ob besagte Experten damals wirklich in der Lage waren, die Echtheit der betreffenden Mumie festzustellen. Immerhin ist den Verfassern zumindest ein Fall bekannt, in dem ein Mumienfälscher behauptet hat, auch der Smithsonian Institution mehrere gefakte Spezimen 'untergejubelt' zu haben [7], und im Fall der so genannten Martindale-Mumien (Abb. 4) ('Mutter und Kind') erfolgte der Nachweis ihrer Fälschung erst im Jahr 1996 [8], wobei es allerdings fraglich erscheint, dass bereits zuvor irgendeine wissenschaftliche Überprüfung stattgefunden hat.
Jedenfalls ist festzustellen, dass wirklich perfekt gemachte Mumien-Fälschungen (u.a. heißt dies: komplett mit 'verdorrter' Haut überzogene, anatomisch fehlerfrei gestaltete Objekte) damals wohl nur höchst selten hergestellt wurden, da der dafür nötige Arbeitsaufwand ganz außerordentlich ist, und nur sehr wenige Experten dazu in der Lage gewesen sein dürften. Für 'Rummelplatz-Mumien', die zumeist in Schaukästen und hiner einer Glasscheibe ausgestellt wurden, um eine allzu genaue Begutachtung durch die Zuschauer zu verhindern, war ein solcher Aufwand aber gar nicht nötig.
Sofern die im Artikel erwähnte Untersuchung der 'Atlanta-Mumie(n)' tatsächlich derart gründlich war, wie behauptet, so erscheint die Möglichkeit jedenfalls sehr gering, dass es sich bei ihnen um Imitate handelt. Bereits eine minimale Sektion, ein kleiner Probeschnitt ins 'Gewebe' der Objekte musste ja zweifellos definitiven Aufschluss über ihren wahren Charakter bringen, und irgendwelche Nähte oder andere oberflächliche Bearbeitungsspuren wären bereits bei der geschilderten, gründlichen Begutachtung mit Vergroßerungs-Gläsern aufgefallen.
Abschließend ist noch festzuhalten, dass bisher nichts darüber in Erfahrung zu bringen war, ob die Smithsonian Institution diese Riesen-Mumie tatsächlich erworben hat bzw. was aus ihr wurde. Sie scheint ebenso verschwunden zu sein, wie 'Mumie des Prof. McGee' (Abb. 3), die den Recherchen von Jim Vieira zufolge in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für den damals enormen Preis von 500 Dollar von der Institution aufgekauft wurde. Dass die riesenhafte 'Atlanta-Mumie' tatsächlich zur Ausstellung im Washingtoner Nationalmuseum vorgesehen war, erscheint übrigens äußerst zweifelhaft. Schließlich widersprach die Existenz riesenhafter prähistorischer Human-Relikte völlig der damaligen, reichlich simplen Lehrmeinung zur Evolution des Menschen. [9] Warum hätte man also Objekte öffentlich ausstellen sollen, welche diese Lehrmeinung nachhaltig infage stellten? Eher ist anzunehmen, dass der Smithsonian Institution daran gelegen war, unbequeme Evidenzen 'aus dem Verkehr zu ziehen'. Über ein hinlängliches Motiv und ausreichende finanzielle Ressourcen verfügten die Burgherren des Smithsonian Castle jedenfalls.
Anmerkungen und Quellen
Fußnoten:
- ↑ Anmerkung: Dass es sich hierbei tatsächlich um Lokalberichterstattung aus Atlanta handelt, belegt die Erwähnung der Decatur Street zu beginn des Artikels, einer der ältesten und bekanntesten Straßen der Stadt, die als Standort aller möglichen Amüsierbetriebe Atlantas berühmt-berüchtigt war.
- ↑ Quelle: o.A., "A BAILIFF'S MUSEUM.", in: The Anderson Intelligencer, 4. Dezember 1894; nach: Chronicling America - Historic American Newspapers, The Anderson intelligencer., December 04, 1895, Image 1 (abgerufen: 11.06.2014)
- ↑ Quelle: Micah Ewers (rephaim23), Kommentar vom 27. Dez. 2011, 4:15 am, zu: Chris L. Lesley, "The Bridlevale Falls Mummy", bei: Greater Ancestors World Museum (abgerufen: 13.05.2014; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
- ↑ Siehe dazu z.B.: o.A., "Why They Are Skeptical", in: The Wichita Daily Eagle, 12. Oktober 1893 (Quelle); sowie: Arthur Linn, "The Farmers Leader" (Rubrik mit Kurzmeldungen), in: Dakota farmers' Leader, 27. Januar 1893 (Quelle); o.A., "COLUMBIA S.C." (Rubrik mit Kurzmeldungen), in: The Daily Phoenix, 16. Juli 1869 (Quelle; abgerufen: 11.06.2014)
- ↑ Quelle: Micah Ewers, op. cit. (27. Dez. 2011)
- ↑ Siehe dazu z.B.: o.A., "PRIMEVAL MAN OF EUROPE", in: The Holt County Sentinel, 09. April 1875; nach: CHRONICLING AMERICA, unter: The Holt County sentinel., April 09, 1875, Image 1; sowie: o.A., "GIANTS NEVER LIVED - Some of the Scientific Jokes Played Upon The Credulous", in: The Rvening World, 21. Dezember 1887, 3 O'CLOCK Edition; nach: CHRONICLING AMERICA, unter: The evening world., December 21, 1887, 3 O'CLOCK EDITION, Page 4, Image 4 (alle Links abgerufen: 11.06.2014)
- ↑ Siehe: o.A., "WITH THE LONG BOW - Sugar Cured Egyptians of the Times of the Pharaos Turned Out in Large Quantities from a Los Angeles Laboratory - Confession of a 'Professor' Who Fabricates Relics and Freaks", in: The Minneapolis Journal, 10. April 1906 (nach: CHRONICLING AMERICA) (abgerufen: 11.06.2014)
- ↑ Siehe: Arthur C. Aufderheide, "The Scientific Study of Mummies", Cambridge University Press, 2003, Seite 529-530 (abgerufen: 14.06.2014)
- ↑ Siehe dazu z.B.: o.A., "GIANTS NEVER LIVED. - Some of the Scientific Jokes Played Upon the Credulous", in: The Evening World, 21. Dez. 1887; nach: CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: The evening world., December 21, 1887, 3 O'CLOCK EDITION, Page 4, Image 4; und: o.A., "THE STATURE OF PRIMITIVE MAN", in: Herald and Tribune, 15. April 1875; nach: CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: Herald and tribune., April 15, 1875, Image 4; sowie: Richard J. Dewhurst, "The Ancient Giants Who Ruled America - The Missing Skeletons and the Great Smithsonian Cover-Up", Inner Traditions / Bear & Co, Dez. 2013, S. 3-12 (alle Links abgerufen: 16.06.2014)
Bild-Quellen:
- 1) Chronicling America - Historic American Newspapers, The Anderson intelligencer., December 04, 1895, Image 1 (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
- 2) ebd. (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
- 3) Bildarchiv Jim Vieira
- 4) Bildarchiv Atlantisforschung.de, nach: Dieter Beständig, "Das Zeugnis fossiler Gebeine über die Nephilim" (Originalquelle unbekannt; Bild-Bearbeitung durch uns)