Quelltext der Seite Antikes Schiffswrack mit einer Ladung Oreichalkos entdeckt?

'''Grenz|wissenschaft-aktuell meldet unter Berufung auf discovery.com: "Oreichalkos: Taucher finden mystisches Metall aus Platons Atlantis in antikem Schiffswrack". Wir sagen: "Immer langsam mit den jungen Pferden!"'''

[[Bild:'Oreichalkos'-Wrack 1.jpg|thumb|330x330px|'''Abb. 1''' Ein Blick auf das vor der Küste Siziliens entdeckte Wrack, das angeblich eine Ladung 'Oreichalkos' transportiert haben soll. (Foto: © ''Superintendent of the Sea Office'', Sicily)]]

([[Das Team|red]]) Einmal mehr bekommen wir exemplarisch vorgeführt, wie sich aus einer durchaus interessanten, aber letztlich doch nicht allzu spektakulären Wissenschafts-Story eine Sensationsmeldung machen lässt, indem man das Ganze mit einer kräftigen 'Prise Atlantis' würzt. 

Hier zunächst einmal die Geschichte, wie sie von unseren geschätzten Kollegen bei [http://grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.de/ grenz|wissenschaft-aktuell] - unter Bezugnahme auf [http://www.discovery.com/ discovery.com] <ref>Siehe: '''Rossella Lorenzi''', "[http://news.discovery.com/history/archaeology/atlantis-legendary-metal-found-in-shipwreck-150106.htm Atlantis' Legendary Metal Found in Shipwreck]", 6. Jan. 2015, bei [http://www.discovery.com/ discovery.com]</ref> - wiedergegeben wird: "''[https://de.wikipedia.org/wiki/Gela Gela] ([[Italien]]) - Vor der Küste Südsiziliens haben Taucher in einem 2.600 Jahre alten Schiffswrack 39 Barren eines Metalls entdeckt, das antiken Beschreibungen eines Metalls entspricht, das angeblich von dem legendären versunkenen Kontinent [[Atlantis]] stammen soll. Das sogenannte [[Oreichalkos]] kam mit einem Schiff entweder aus Griechenland oder [[Kleinasien]], das vermutlich bei einem Sturm sank, noch bevor es im antiken Hafen von Gela anlegen konnte.''" <ref>Quelle: '''o.A.''', "[http://grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.de/2015/01/oreichalkos-taucher-finden-mystisches.html Oreichalkos: Taucher finden mystisches Metall aus Platons Atlantis in antikem Schiffswrack]", 9. Jan. 2015, bei: [http://grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.de/ grenz|wissenschaft-aktuell.de]</ref>

"''Das Wrack selbst stammt aus der ersten Hälfte des sechsten Jahrhunderts v.Chr. und wurde rund 300 Meter vor der Küste [https://de.wikipedia.org/wiki/Gela Gelas] in drei Metern Tiefe entdeckt''", wird ''Sebastiano Tusa'', Leiter der sizilianischen Meeresbehörde, zitiert. Zur Zeit haben Taucher nach seinen Angaben bereits 39 Barren '''(Abb. 2)''' dieser Metall-Legierung geborgen, was folgendermaßen kommentiert wird: "''Bislang wurde noch nie etwas Vergleichbares gefunden und [[Oreichalkos]] war nur von einigen wenigen verzierten Objekten und eben aus den altgriechischen Texten bekannt.''" Und weiter heißt es: "''Tatsächlich galt [[Oreichalkos]] bislang als eher geheimnisvolles Metall, dessen Zusammensetzung und Herkunft immer wieder kontrovers diskutiert wurde.''" <ref>Quelle: ebd.</ref>

Und nun wird es so richtig 'pseudoatlantologisch'. Laut "''den altgriechischen Texten''" (sic!) sei [[Oreichalkos]] von [https://de.wikipedia.org/wiki/Kadmos Kadmos] einem mythischen griechisch-phönizischen König von [https://de.wikipedia.org/wiki/Theben_(B%C3%B6otien) Theben], erfunden worden, und: "''Bekannt wurde das Metall besonders durch die im vierten Jahrhundert v. Chr. verfassten Schilderungen des griechischen Philosophen [[Platon]] in dessen [[Kritias|Kritias-Dialog]]. Darin beschreibt [[Platon]] [[Oreichalkos]] als >feurig schimmerndes Metall<, das von den Bewohnern von [[Atlantis]] nach Gold am meisten geschätzt wurde. Mit dem Metall, so [[Platon]] weiter, sei die atlantische Königsburg und der darin liegende Poseidontempel überzogen und verziert gewesen.''" <ref>Quelle: ebd.</ref>

[[Bild:'Oreichalkos'-Wrack 2.jpg|thumb|330x330px|'''Abb. 2''' Eine Präsentation der Metallbarren, die aus dem alten Schiffswrack geborgen wurden (Foto: © ''Superintendent of the Sea Office'', Sicily)]]

Was ist nun aus [[Atlantisforschung|atlantologischem]] Blickwinkel von diesem 'Oreichalkosfund' vor der Küste [[ATLANTIS WAR SIZILIEN - Vom Mythos zur Realität - Teil I|Siziliens]] zu halten, der postwendend massenhaft im Internet kolportiert wurde (dazu zusammenfassend z.B. [https://www.google.de/search?q=Cadmus+Orichalccum&ie=utf-8&oe=utf-8&gws_rd=cr&ei=3jawVK2MIZTbavrsgZAB#q=Cadmus+Orichalcum dieser Link]) und übrigens auch - als "''neueste Forschungsergebnisse''" deklariert <ref>Siehe: [https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Hauptseite Wikipedia - Die freie Enzyklopädie], unter: [https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Oreichalkos&action=history „Oreichalkos“ – Versionsgeschichte], Änderung vom 8. Jan. 2015, 16:08 h</ref> - in den recht halbgaren [[Ceterum censeo Wikipediam esse modificandam|Wikipedia]]-Artikel zum Thema '[[Oreichalkos]]' <ref>Siehe: [https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Hauptseite Wikipedia - Die freie Enzyklopädie], unter: "[https://de.wikipedia.org/wiki/Oreichalkos Oreichalkos]" (Stand: 09. Jan. 2015)</ref> aufgenommen wurde? 

Trockenes Faktum ist, dass 2014 an besagtem Ort ein Schiffswrack entdeckt wurde, welches eine Ladung altertümliches [https://de.wikipedia.org/wiki/Messing Messing] an Bord hatte, dessen Legierung sich natürlich von heutigen metallungischen Standards unterscheidet. Tatsächlich heißt es ja auch in unserer Quelle zu dieser Meldung: "''Die nun angefertigte Röntgenfluoreszenzanalyse der geborgenen Oreichalkos-Barren ergab eine Zusammensetzung von 75-80% Kupfer, 15-20% Zink und kleine Mengen von Nickel, Blei und Eisen - und kommt damit'' [heutigem!; d. Red.] ''Messing sehr nah.''" <ref>Quelle: '''o.A.''', "[http://grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.de/2015/01/oreichalkos-taucher-finden-mystisches.html Oreichalkos: Taucher finden mystisches Metall aus Platons Atlantis in antikem Schiffswrack]", 9. Jan. 2015, bei: [http://grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.de/ grenz|wissenschaft-aktuell.de]</ref>

Natürlich sind Funde solcher alten Wracks aus Sicht von Experten höchst interessant, weil sie durchaus selten sind und archäologische Glücksfälle darstellen. Ein breites Publikum kann man mit so etwas aber wohl kaum in Extase versetzten. Da haben Herr ''Tusa'' und seine Kollegen eben in die Trick-Kiste gegriffen und [[Platon]]s [[Oreichalkos]] bemüht, was dem Interesse der Journalisten an knalligen Schlagzeilen sehr entgegenkam - und ratzfatz geisterte eine Sensationsmeldung mit 'viralem' Potential durch's Web. Mit einem ernsthaften Interesse an der Frage, worum es sich bei dem platonischen [[Oreichalkos]] gehandelt haben könnte, oder auch am [[Atlantis-Problem]], haben ''Tusas'' Auslassungen nicht das Geringste zu tun. Der griechische Meeresgeologe [http://www.hcmr.gr/en/cv.php?id=28&resid=38 Dr. Dimitris Sakellariou] brachte die diesbezügliche Betrachtungsweise der meisten [[Schulwissenschaft]]ler schon vor einigen Jahren folgendermaßen auf den Punkt: "''Atlantis ist ein Mythos, aber einer, der die Unterwasser-Forschung am Laufen hält...''" <ref>Quelle: '''Helena Smith''', "[http://www.guardian.co.uk/science/2009/oct/16/lost-greek-city-atlantis-myth Lost Greek city that may have inspired Atlantis myth gives up secrets]", in: ''[http://www.theguardian.com/uk The Guardian]'', 16. Okt. 2009 (abgerufen: 09. Jan. 2013); zit. nach: [[bb|Bernhard Beier]], "[[Pavlopetri]] - '''Anmerkungen aus atlantologischem Blickwinkel'''", 8. Mai 2013, bei: ''Atlantisforschung.de''</ref>

Dass [https://de.wikipedia.org/wiki/Messing Messing] überhaupt mit dem bei [[Platon]] erwähnten [[Oreichalkos]] - und damit auch mit [[Atlantis]] - in Verbindung gebracht wird, liegt vor allem daran, dass dieser uralte und geheimnisumwitterte Begriff gerade in der Spätantike - vor allem in seiner latinisierten Form '''Aurichalcum''' immer mehr als Bezeichnung für [http://de.wikipedia.org/wiki/Messing Messing] Verwendung fand. Und ''Tusa'' hat grundsätzlich auch Recht, wenn er erklärt, [[Oreichalkos]] sei "''heute noch die griechische Bezeichnung für [http://de.wikipedia.org/wiki/Messing Messing].''"  <ref>Quelle: ebd.</ref> Ob es sich aber auch bei jenem mythisch verbrämten Stoff [[Oreichalkos]], der einst bei [[Hesiod]], [[Homer]], [http://de.wikipedia.org/wiki/Ibykos Ibykos] und [[Platon]] erwähnt wurde, um [http://de.wikipedia.org/wiki/Messing Messing] gehandelt hat, ist völlig ungeklärt. Insofern ist es reine Schaumschlägerei, die [http://de.wikipedia.org/wiki/Messing Messing]-Ladung des Schiffswracks von [https://de.wikipedia.org/wiki/Gela Gela] quasi mit [[Atlantis]] zu verknüpfen. 
 

=== Anmerkungen und Quellen ===

'''Fußnoten:'''
<references />

'''Bild-Quelle:'''

:Abb. 1 und 2: [http://grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.de/ grenz|wissenschaft-aktuell.de], unter: [http://grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.de/2015/01/oreichalkos-taucher-finden-mystisches.html Oreichalkos: Taucher finden mystisches Metall aus Platons Atlantis in antikem Schiffswrack]